7. Januar 2015 | 21:56 | Kategorie:
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Skitouren und strukturschwache Gemeinden

Mit den Schneefällen hat auch die Skitourensaison begonnen und damit ist wieder Leben in einige jener peripher gelegenen, strukturschwachen Orte eingekehrt, die abseits der großen Touristenströme liegen. Der Frage, welche Dimension diese Entwicklung annehmen kann und ob sie von Dauer sein wird, ist Florian Kreß in seiner an der Universität Innsbruck erstellten Studie nachgegangen. Die Ergebnisse bestätigen im Wesentlichen das, was mehr oder weniger bekannt ist oder zumindest vermutet wird. Da es sich um eine fundierte Auseinandersetzung mit dem Phänomen Skitourentourismus handelt, seien hier einige seiner Erkenntnisse wiedergegeben.Weiter wachsendes Segment
Die seit rund zwei Jahrzenten steigende Nachfrage nach Skitouren ist ungebrochen. Sie wird getragen vom Wunsch nach Bewegung in der Natur, vom zunehmenden Gesundheitsbewusstsein, vom Angebot der Sportartikelindustrie, von der Bewerbung durch alpine Vereine und Tourismusorganisationen etc. Schätzungen zufolge gibt es in Österreich inzwischen 700.000 und im süddeutschen Raum rund 300.000 Skitourenbegeisterte.

Räumlich konzentriertes Angebot
Die Skitourengebiete sind insgesamt breit gestreut, sind sie doch zu einem guten Teil ident mit jenen Regionen, in denen auch der Pistenskilauf Fuß gefasst hat. Zwischen den Wintersportdestinationen liegen jedoch zahlreiche strukturschwache Gemeinden, von denen aufgrund ihrer naturräumlichen Voraussetzungen aber nur wenige für einen nächtigungswirksamen Skitourentourismus in Frage kommen. Denn dieser setzt eine entsprechende Zahl von Skitouren auf engem Raum voraus, mit unterschiedlichen Höhenlagen und Hangexpositionen, mit einer Vielfalt an Abfahrtsmöglichkeiten und einer guten Mischung an Schwierigkeitsgraden.

Flexibles Nachfrageverhalten
Eine weitere Herausforderung besteht in der im Vergleich zur Pistenskilauf schwerer berechenbaren Nachfrage. Skitourengeher reagieren weit empfindlicher auf Schnee- und Wetterbedingungen sowie auf Gefahrensituationen, was naturgemäß ein spontanes Buchungsverhalten zur Folge hat. Dieses wird nur dort durchbrochen, wo in Relation zum knappen Beherbergungsangebot eine große Nachfrage herrscht. Dazu kommt, dass die klassischen Skitourengäste primär Kurzreisende sind mit zwei bis vier Tagen Aufenthalt, und das vornehmlich an Wochenenden. Die relativ geringe Distanz ihrer Wohnorte zu den Alpen kommt dem entgegen. Ausgenommen davon sind Tourengruppen, die aus organisatorischen und anderen Gründen länger im Voraus buchen und oft auch länger bleiben.

Skitourentourist ist nicht gleich Skitourentourist
Im Hinblick auf die Frage, ob der Skitourentourismus zur wirtschaftlichen Entwicklung strukturschwacher Gemeinden und damit zum Erhalt ihrer Infrastruktur beitragen kann, ist zu beachten, dass Skitourengeher differenziert zu betrachten sind. Da sind zum einen die klassischen Skitourengeher, bei denen die Skitour und das Skitourenziel im Brennpunkt des Interesses liegen, und da sind zum anderen die multioptionalen Gäste, die neben ihren sonstigen Aktivitäten im Winterurlaub auch eine Skitour machen. Diese beiden Zielgruppen sind grundsätzlich andere und der multioptionale Gast ist wohl kaum für einen Urlaub in einem strukturschwachen Ort ohne Pistenskigebiet zu gewinnen. Das hat zur Folge, dass aus dem großen Kuchen der potenziellen Skitourengeher nur ein Teil für den Aufenthalt in einem strukturschwachen Orte in Frage kommt und zwischen den Urlaubsorten unterschiedlichen Typs auch kein Gästeaustausch stattfindet.

Die Chance lebt …
Angesichts des Umfangs und der Struktur der Gesamtnachfrage haben strukturschwache Orte mit geeigneten naturräumlichen Voraussetzungen durchaus die Chance, ein Stück vom Kuchen der Skitourengeher für sich zu gewinnen. Der Skitourentourismus bringt Gäste in diese Bergorte und er ist bei entsprechender Ausprägung auch in der Lage, wirtschaftlich einiges zu bewirken und zur Erhaltung vorhandener Strukturen beizutragen. In Relation zu ihrer Wirtschaftskraft kann der Skitourismus für strukturschwache Berggemeinden somit von Bedeutung sein, wobei die Beobachtungen zeigen, dass es in aller Regel nur einige wenige Betriebe sind, die diese Option ergreifen. Sie tun sich dann leichter, wenn sie in eine starke Destination eingebettet sind, deren Management sich auch für die Förderung peripherer Lagen verantwortlich fühlt und diesen unter die Arme greift.

… doch Nische bleibt Nische
Allen bisherigen Erkenntnissen zufolge wird der Skitourentourismus auch in Zukunft eine Nische bleiben, da davon auszugehen ist, dass sich trotz allen Wachstums dessen Ausmaß im Vergleich zum Pistenskilauf in Grenzen halten wird. Dennoch bietet er für strukturschwache Gebiete mit entsprechender Eignung punktuell die Möglichkeit für alternative, nachhaltige Entwicklungen. Allerdings gilt auch hier: Ohne Schnee keine Musik: Der Klimawandel ist auch da ein Thema, und das mehr als beim Pistenskilauf, wo ein Heer von Schneekanonen auf Abruf bereitsteht.

8. Januar 2015, 9:31

Die Studie zum Skitourentourismus zeigt interessante Aspekte auf. Speziell bei den Witterungsverhältnissen der letzten Tage und den – oft aus Leichtsinn – resultierenden schweren Unfällen (mit Todesfolge) kommt den Skitouren-Regionen zusätzliche eine wichtige Aufgabe zu: die Aufklärung über alpine Gefahren und (zumindest) eine Einführung in die Beurteilung von Schneelage, etc. Ein positives Beispiel liefert hier Ramsau am Dachstein mit dem Tiefnschneepass (http://ramsau.com/blog/2014/09/23/ramsau-am-dachstein-fuehrt-tiefschnee-pass-ein/), der die Verbesserung der Alpinen Sicherheit zum Ziel hat.

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