Der Jammer mit den Eidgenossen
Katerstimmung am Morgen danach: Das Votum der Schweizer für eine Beschränkung der Personenfreizügigkeit sorgt für Gesprächsstoff, auch in Brüssel, wo die Protagonisten gerade für die EU-Wahlen im Frühjahr rüsten. Doch das Medienbild ist differenziert – würde bei uns ähnlich ausfallen, ist mehr oder weniger verklausuliert zu lesen. Das Thema Zuwanderung ist eben nicht einfach bipolar zwischen „Fremdenfeindlichkeit“ und „gelungener Integration“ abzuhandeln. Das Thema Zuwanderung betrifft auch nicht nur die Wirtschaft, und hier den Tourismus, auch wenn sich das Schweizer Fernsehen gestern Abend dazu berechtigte Fragen stellte. Das Thema Zuwanderung, um noch einen letzten Gedanken anzubringen, ist auch kein Allheilmittel zur Erhaltung des Sozialstaats. Gerade Staaten mit begrenzten räumlichen Ressourcen, wie Österreich oder die Schweiz, müssen sich diesem komplexen Thema in seiner Gesamtheit stellen: Wie sichern wir ein reibungsloses Funktionieren der Infrastrukturen (wer täglich im Großraum Wien pendelt, weiß, wovon hier die Rede ist), wie stellen wir qualitativen und leistbaren Wohnraum zur Verfügung? Sind unsere Sozialversicherungssysteme darauf ausgelegt, mittel- und langfristig die Zuwanderung plus Familiennachzug aufzunehmen? Das Schweizer Votum sollte in Brüssel also besser keinen wahlkampfbedingten Beissreflex auslösen, sondern Anstoss für die Politik sein, sich ernsthaft mit diesem Thema auseinanderzusetzen und Lösungen zu suchen.
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