Selbst ist die Region
Branchenfremde Investoren mit wenig Bezug zu den Bedürfnissen der touristischen Destination haben sich in letzter Zeit zunehmend als Käufer für Immobilien herausgestellt. Das hat zwar Banken oder aufgabewillige Unternehmer erfreut, weil sie einen unerwartet hohen Verkaufserlös lukrieren konnten. Die Interessenslage dieser Investoren ist jedoch in einigen Fällen deutlich anders als die der angestammten Hotelunternehmen: etwa reine Kapitalverzinsung, Immobilienspekulation, sicherer Hafen für Geld in einem Euroland, etc.
In vielen Fällen, wo touristische Immobilien zum Kauf angeboten wurden, haben örtliche Hotelunternehmer zwar den Ausverkauf an regionsfremde Investoren beklagt, in den allerwenigsten Fällen wurde jedoch ernsthafte Schritte gesetzt sie zu verhindern.
Anders läuft es da in Bad Hofgastein. Als der Salzburger Hof zum Kauf angeboten wurde und eine ungewisse Zukunft für das zentral gelegene Hotel drohte, haben sich 50 Gesellschafter gefunden, die bereit waren Geld in die Hand zu nehmen. Damit sollte vermieden werden, dass die Geschicke der Destination ins Unwägbare abgleiten konnten. In der Folge ist geplant, das nicht mehr ansprechende Hotel zu renovieren, einem regionalen Masterplan entsprechend umzugestalten und zu erweitern.
Man wollte sich das Schicksal des nahen Bad Gastein ersparen, dessen Ortsbild und touristische Entwicklung durch einen mittlerweile greisen Wiener Immobilienspekulanten seit Jahrzehnten massiv beeinträchtigt wird.
Unter den lokalen Investoren finden sich nicht nur Hotelunternehmer sondern auch Handwerker und Handelsunternehmer, die sich zu einer Gesellschaft zusammengetan haben, um die Geschicke des Ortes in die Hand zu nehmen. Soviel Initiative, Solidarität und Kooperation könnte beispielgebend, wenn es darum geht, wesentliche Angebotsträger auf Ortsebene zu erhalten. Die Diskussion darf sich nicht nur darin erschöpfen, den Ausverkauf an branchenfremde Investoren zu beklagen sondern muss zu Initiativen führen, diesen zu verhindern.
Franz Hartl berichtet über ein interessantes Beispiel, wie Unternehmer in Kooperation zur Absicherung der Zukunft ihrer Destination beitragen. Die breite Beteiligung quer durch die Branchen fördert zudem das Verständnis für den Tourismus und sie trägt dazu bei, dass nicht nur die Immobilie in einheimischer Hand bleibt, sondern auch die meisten Aufträge vor Ort vergeben werden. Damit kommt ein erheblicher Teil der Wertschöpfung, die beim geplanten Neubau und beim Betrieb entsteht, der Standortregion zugute.
Der Titel „Selbst ist die Region“ ist treffend gewählt und kann als Leitspruch für zukunftsweisende Entscheidungen und Handlungen in Tourismusdestinationen dienen. Denn diese sind in zunehmendem Maße gefordert, sich darüber klar zu werden, wie sie mit dem Interesse branchenfremder Investoren an touristischen Immobilien umgehen wollen, einem Interesse, das einiges an Gefahren für die Zukunft unseres Tourismus in sich birgt.
Beispiele ähnlicher oder anderer Art, wo dank der Initiative heimischer Unternehmer Verkäufe an externe, branchenfremde Investoren vermieden werden konnten, gibt es eine ganze Reihe. Sie sind u.a. dort zu finden, wo einheimische oder heimisch gewordene Unternehmerfamilien expandieren, teils in der eigenen Destination, teils in benachbarte Destinationen hinein. Es sind dies in aller Regel Hoteliers oder Inhaber anderer touristischer Betriebe, welche ihre Unternehmen diversifizieren und erweitern, und dadurch Größeneffekte erzielen, die ein ertragreicheres Wirtschaften ermöglichen.
Allerdings scheinen vielerorts die internen Kapitalressourcen – aber auch die mentalen Energien – nicht mehr auszureichen, um dem Druck von außen Stand zu halten. Daher können branchenfremde Investoren heute selbst dort Fuß fassen, wo dies bis vor kurzem nicht für möglich gehalten wurde.
Das Damoklesschwert hängt bedrohlich über unseren Destinationen. Gute Beispiele, wie dem entgegengehalten werden kann, sind daher wertvoll und wichtig. Von besonderer Bedeutung sind zudem klar festgelegte und auf einem breiten Konsens beruhende Ziele für eine selbstbestimmte Entwicklung der Destination, zu denen sich auch die Politik bekennt und dafür die notwendige Rückendeckung bietet.
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