Mut zur Spezialisierung
Heute wurde die neue Destinationsstudie der ÖHV veröffentlicht und zeigt wieder einmal den Tourismus in seiner Vielfalt und seinen höchst unterschiedlichen Entwicklungen. Da gibt es Aufsteiger und Absteiger, Regionen wo Geld scheinbar leicht verdient wird und solche, wo nichts schwerer zu fallen scheint als eben dieses.
Gerade in diesem Zusammenhang spannend ist die große Schwankungsbreite der angeführten Benchmarks. Betrachtet man etwa den Revpar (Revenue par available Rooms), der als Kennzahl eine relativ starke Prognose der tatsächlichen Ertragskraft erlaubt, ist die ausgewiesene Schwankungsbreite erheblich. Sie reicht vom niedrigsten Wert EUR 34 (Oststeiermark) zum höchsten Wert EUR 235 (Arlberg). Es wird dabei die Vermutung bestätigt, dass die fünf besten Regionen mit schneesicherem Wintertourismus verknüpft sind. Die Regionen am anderen Ende der Erfolgsskala müssen sich mit der undankbaren Aufgabe Ganzjahrestourismus bei niedrigen Preisen herumschlagen.
Die aufsteigenden Regionen haben jedoch noch ein weiteres Merkmal: gut organisiertes Destinationsmanagement. Wenn St. Wolfgang und die Nachbargemeinden mit dem „Wolfgangseer Advent“ die Zahl der Nächtigungen im Advent verfünffachen können oder die Region Serfaus-Fiss-Ladis in fünf Jahren einen Zuwachs von 58 % verzeichnet oder Saalfelden-Leogang sich als Mountainbike-Eldorado positioniert und die Sommernächtigungen weiter ausbauen kann, dann steckt dahinter eine eindeutige Positionierung und Spezialisierung. „Stehen für Etwas“ und es konsequent gut machen. Es scheint so einfach, ist aber gerade auf der Ebene der Destinationen – die so viele Mitspieler haben – so schwer umzusetzen.
Häufig bringt die klare Profilierung oder Spezialisierung den Erfolg im Tourismus in den Destinationen – dem können wir jedenfalls zustimmen. So kann Begehrlichkeit für ein bestimmtes Thema (zB Biken), Zielgruppe (zB Familie) oder Spezialität (zB Wein/Kulinarik) erzeugt werden, die auch zu einer höheren Preisdurchsetzung vor Ort führen kann.
Dazu kommt… Die erfolgreichen Destinationen konzentrieren ihre Energien und Budgets in den nächsten Jahren auf eine konsequente Produktentwicklung von der Infrastruktur bis zur Beherbergung. Produkte und Events sollen immer wieder auf das Profil aufmerksam machen. Treiber dafür sind vielerorts die Betriebe und schlagkräftige touristische Organisationen. Destinationsmasterpläne bilden die Grundlage.
Die winterlastigen Destinationen haben laut ÖHV Destinationsstudie die Nase vorne. Aber auch Destinationen mit starker Sommer-Kompetenz können sehr erfolgreich sein. Urlaub am See rückt bald wieder in den Vordergrund. Ein Blick auf Österreichs Seenregionen zeigt, dass auch dort jene besonders punkten, die ein klares Profil verfolgen und saisonverlängernde, vernetzte Produkte (zB mit Rad, Wandern, Seen-Wellness, …) entwickelt haben. Treiber dafür sind die Betriebe und schlagkräftige touristische Organisationen. Dies ist auch das zentrale Ergebnis der von Kohl & Partner im Auftrag des BMWFJ durchgeführten Studie zu den Erfolgsfaktoren von österreichischen Seenregionen. Während im Durchschnitt die österreichischen Seenregionen in den letzten 15 Jahren einen Rückgang bei den Nächtigungen von 10 % verzeichneten, konnten Regionen wie der Achensee (steht für Sport-Vital und entwickelte Produkte wie zB den Karwendelmarsch, Klettern, Biken, Winterzauber etc. ) oder Zell am See-Kaprun (steht für die Symbiose aus Gletscher-Berg-See) zwischen 10 und 20 % dazugewinnen.
„Destinationsmasterpläne“ könnte das Stichwort für die Zukunft sein. Ist die Destinationsentwicklung wirklich aus einer Diskussion und einem gesteuerten Prozess hervorgegangen oder ist sie einfach passiert? Wer setzt die Initiative, dass Destinationen gesteuert entwickelt werden?
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