Zur Doppelrolle Unternehmer und Funktionär
Viele private Unternehmer sind in öffentlich-rechtlichen Einrichtungen als Funktionäre tätig, so auch in Tourismusverbänden. Sie nehmen dort verschiedene Aufgaben wahr, bis hin zur Steuerung dieser Organisationen, und sie investieren Energie und private Zeit in die Entwicklung des Tourismus zum Nutzen aller Betriebe und Unternehmer in der Region. Unternehmer-Funktionäre gehen aber recht unterschiedlich an ihre Aufgaben heran.
Die Palette der Beweggründe für Funktionärstätigkeiten ist breit: Sie reicht von der Bereitschaft zur Wahrnehmung von Gemeinschaftsaufgaben über den Willen zur Mitgestaltung des Geschehens bis hin zum Streben nach Kontrolle, Macht oder Status. Und immer wieder trifft man Unternehmer, die Funktionäre sind, weil die Aufgabe „halt einer übernehmen muss“. Zweifellos ist auch die Sicherung eigener betrieblicher Interessen ein wichtiges Motiv. Die Verknüpfung von Gemeinschaftsaufgaben mit eigenen betrieblichen Interessen ist grundsätzlich in Ordnung und sie verstärkt das Engagement der Funktionäre, sie ist aber eine Frage des Maßes bzw. der Ausgewogenheit – denn schließlich geht es um das Ganze, um die bestmögliche Steuerung der Destination im Sinne ihrer zahlreichen Stakeholder.
Was macht nun einen guten Tourismus-Funktionär aus? Zum einen ist es strategisches Denken, Leadership, Fachwissen und Know-how. Dazu kommen Berufs- bzw. Lebenserfahrung, diplomatisches Geschick und ein Netzwerk guter Kontakte. Hilfreich ist natürlich ein bestimmter Status in der Region. Das Rollenverständnis von Funktionären ist aber durchaus unterschiedlich. Innerhalb des Handlungsrahmens, den die gesetzlichen Bestimmungen vorgeben, besteht ein Spielraum, dessen Ausgestaltung durch die Kräfteverhältnisse und die Kultur in der Organisation aber auch durch den Typus, die Kompetenzen und die Motivation der Funktionäre bestimmt wird. So sind öffentlich orientierte Persönlichkeiten mehr auf den Interessenausgleich in der Destination bedacht, während stark unternehmerisch geprägten Persönlichkeiten den Wettbewerbsgedanken mehr in den Vordergrund stellen – auch innerhalb der eigenen Destination.
Aus all diesen Einflussfaktoren resultiert eine Spannweite an Interpretationen für die Funktionärstätigkeit, die von der Konzentration auf strategische Aufgaben bis zur Erledigung konkreter operativer Arbeiten reicht. Das hat auch Konsequenzen für die Unternehmenskultur sowie Auswirkungen auf die Handlungsspielräume und Entscheidungskompetenzen der Geschäftsführung und der Mitarbeiter in den Destinationsorganisationen.
Ungeachtet der unterschiedlichen Zugänge ist die Doppelrolle Unternehmer und Funktionär von großer Bedeutung für das Funktionieren öffentlich-rechtlicher Organisationen. Es ist daher wichtig, dass sich auch in Zukunft engagierte Unternehmer finden, die den Destinationsorganisationen als Funktionäre zur Verfügung stehen und dort ihre Kompetenzen zum Wohl der gesamten Region einbringen. Die Erfahrung zeigt, dass es dazu Menschen braucht, die nicht nur erfolgreiche Unternehmer sind, sondern die auch bereit und in der Lage sind, mit den Eigenheiten öffentlicher Organisationen umzugehen.
Da diese Funktionärspositionen üblicherweise ja nicht
finanziell abgegolten werden, wird man den Funktionären die Verfolgung von Eigeninteressen bei der Übernahme dieser „dankbaren“ Jobs ein Stück weit wohl nachsehen. Ansonsten werden wir bald niemand mehr finden, der diese Funktionen bereit ist zu übernehmen. Es ist und bleibt letztlich eine Frage von „give and take“.
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