Seilbahnen wohin?
Die Genehmigung der seilbahntechnischen Erschließung des Piz Val Gronda in Ischgl durch das Land Tirol hat unterschiedliche Reaktionen hervorgerufen: Die Vertreter der Seilbahnen haben die Entscheidung freudig begrüßt, Vertreter des Natur- und Landschaftsschutzes übten hingegen scharfe Kritik. Im Zusammenhang damit widmete die Tiroler Tageszeitung am 22. Oktober 2012 den Seilbahnen und dem Wintersport folgende vier Beiträge: Wandel im Wintertourismus, Ruf nach einem Seilbahn-Masterplan für Tirol, drohender Stillstand im Stubaital, Lift-Aufstand der Bürger im Kleinwalsertal.
Forderung nach Seilbahn-Masterplan
Der Österreichische Alpenverein nennt 20 Bergbahnprojekte, darunter mehrere Schiverbindungen, die in Tirol diskutiert werden bzw. in Schubladen warten und er äußert die Sorge, dass das grüne Licht für den Piz Val Gronda die Schleusen zur Realisierung weiterer Seilbahnprojekte öffnet. Er fordert daher einen Masterplan für die Entwicklung der Bergbahnen in Tirol, woraus man schließen kann, dass er die vom Land verordneten Tiroler Seilbahngrundsätze als ein nicht ausreichendes Instrumentarium betrachtet.
Preisschere bei Schipässen und Investitionen
Im Beitrag über den Wandel des Wintertourismus stellt ein namhafter Tiroler Seilbahnunternehmer – nicht zum ersten Mal – fest, dass die für Schipässe zu erzielenden Preissteigerungen in keiner Relation zu den Investitionen stehen, sondern lediglich Indexanpassungen darstellen. Jeder, der die Entwicklung aufmerksam verfolgt, kann dieser Aussage ohne langes Nachrechnen beipflichten. Stellt man nun die Liste der 20 Bergbahnprojekte in Tirol den Möglichkeiten der Preisgestaltung gegenüber, so drängt sich unwillkürlich der Gedanke auf, dass die Rechnung irgendwann einmal nicht mehr aufgeht.
Differenzierte Betrachtung erforderlich
Die Bedeutung der Seilbahnen als Leitinvestitionen und wirtschaftliche Motoren für die Berggebiete ist unbestritten, und es ist ebenfalls unbestritten, dass ohne Seilbahnen viele Dörfer und Täler im Berggebiet nicht mehr besiedelt wären. Auch ist offenkundig, dass Schiverbindungen in der Regel wertvolle Impulse für den Tourismus und damit auch für die vor- und nachgelagerten Wirtschaftszweige bringen.
Dennoch: Wirft man einen Blick auf die erwähnte Projektliste, so ist die Frage berechtigt, ob das denn so alles Sinn macht. Zweifelsohne sind interessante Vorhaben darunter, es sind aber auch solche dabei, die ernsthaft zu hinterfragen sind. Und unter diesem Gesichtspunkt hat die Forderung nach einem Masterplan ihren Charme, eine Forderung, die im Übrigen auch die Seilbahnwirtschaft selbst schon erhoben hat. Denn ein Masterplan geht bei der Beurteilung der Projekte weiter als die Seilbahngrundsätze es tun. Ein Masterplan für Seilbahnen hat aus einer Gesamtsicht des Landes heraus zu erfolgen und muss wirtschaftliche, gesellschaftliche und ökologische Aspekte berücksichtigen. Ein solches Planungsinstrument muss daher nicht zuletzt auch im Interesse der Seilbahnwirtschaft liegen, und zwar im Hinblick auf die langfristige Absicherung ihrer Existenzgrundlagen.
Schiverbindungen wichtig aber kein Allheilmittel
Auch sollte man sich bei den Diskussionen bewusst sein, dass Seilbahnen und Tourismus zwar enorm wichtig sind, aber nicht – und vor allem nicht überall – als wirtschaftliches Allheilmittel dienen können. Das bestätigt nicht zuletzt die landauf landab zu machende Beobachtung, wonach Menschen, die im Umfeld von städtischen Agglomerationen wohnen, sehr gerne und in zunehmendem Maße Arbeitsplätze außerhalb des Tourismus annehmen.
Und damit erscheint auch der in einem weiteren Artikel von einem Hotelier beklagte touristische Investitionsstau in seinem Tal – in dem sich übrigens eines der großen österreichischen Gletscherschigebiete befindet – in einem anderen Licht. Für die Misere bei den touristischen Investitionen kann dort wohl kaum die nicht bestehende bzw. noch nicht zustande gekommene Seilbahnverbindung verantwortlich gemacht werden. Da sind schon ganz andere Faktoren wirksam.
Gratulation an die Bergbahn Ischgl!
Ein Projekt mit so einer Zähigkeit seit 30 Jahren zu verfolgen verlangt höhsten Respekt.
Daran sollen sich andere Bergbahnen ein Beispiel nehmen!
Auch die Westseite vom Piz Val Gronda gehört schnellstens mit Liften und Pisten erschlossen. Im oberen Fimbatal, Fimbaalp, Heidelberger Hütte, Breite Krone…. warten wunderschöne Hänge auf die Erschließung. Der Alpenverein hat dieses Gebiet bereits vor vielen Jahren mit der Heidelberger Hütte ( Hotelartige Hütte die Unterkunft und Verpflegung bietet )und vielen Wanderwegen im Sommer und Winter erschlossen. Daher sollte auch die Bergbahn Ischgl dem Alpenverein folgen und diesen Bereich mit Liften und Pisten erschließen.
Die Seilbahnen haben in den alpinen Regionen eine einzigartige Erfolgsgeschichte geschrieben, was die Entwicklung des Winterprodukts betrifft. Aus der Sicht der touristischen Wertschöpfung ist das Wintergeschäft im alpinen Tourismus heute unverzichtbar. Tatsache ist aber auch, dass es immer noch alpine Destinationen gibt, wo schwache Leistungen von touristischen Anbietern durch Spitzenleistungen der Bergbahnen zugedeckt werden. Die gerne öffentlich kommunizierte Erwartung, dass die Bahnen nunmehr eine ähnliche Leistung für die Entwicklung eines 365-Tage-Produktes erbringen, ist unrealistisch. Die Seilbahnen sind nicht in der Lage und haben auch nicht die Aufgabe, die für einen nachhaltigen Aufbau der Ganzjahressaison notwendigen Investitionen alleine zu tragen. Und eines sei bedacht: Für den weiteren Erfolg des alpinen Tourismus ist eine schleichende Nivellierung nach unten absolut kontraproduktiv. Es gilt, jene Unternehmer zu stärken, die Initiative zeigen und auch bereit sind etwas zu riskieren. Kurz: Es sind die Starken zu stärken, damit sie für die Schwächeren den Boden aufbereiten.
Etwas ähnliches haben wir in Koblenz erlebt. Dort war Landesgartenschau und die ursprünglich nur für den Zeitraum der Schau vorgesehene Bahn sollte urplötzlich (wer hätte das gedacht…) doch stehen bleiben. Ein Witz.
Ja Ski fahren ist exestenziell wichtig aber teilweise ist es wie mit dem Frosch, der nur mehr die Schlange sieht. Immerhin gibt es ca. 95% aller Europäer, die nicht Ski fahren, die auch nach Wintererlebnissen und Winterurlaub streben. Für Sie innovative Angebote zu entwickeln ist bisher eher vernachlässigt worden. Nicht zuletzt auch auf Grund der immer stärker werdenden Dominanz der Bergbahnen. Wobei – viele haben die ZG auch schon ins Auge gefasst.
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