30. August 2012 | 10:15 | Kategorie:
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Die 24-Stunden-Wanderung

„Wer vier Stunden ohne Beschwerden Bergwandern kann, schafft auch 24 Stunden.“ So das Motto von Walter Tschopp, kreativer Wirt im Berggasthaus Post in Schuders, dem kleinen Bergdorf am Fuße der imposanten Südwände des Rätikons. Er organisierte heuer zum dritten Mal die 24-Stunden-Wanderung im Grenzgebirge zwischen der Schweiz und Österreich – und das mit zunehmender Teilnehmerzahl.

Googelt man den Begriff 24-Stunden-Wanderung, so bemerkt man einen regelrechten Boom: Ahrntal, Berchtesgadener Land, Chiemgau, Engadin, Kitzbühel, Ötztal, Prättigau, Tannheimer Tal, etc. – zahlreiche Destinationen in den Alpen bieten diese spezielle Form der Bergwanderung an. Doch was hat es damit auf sich? Warum tun sich Menschen das an? Und was für einen Stellenwert kann eine 24-Stunden-Wanderung in der Produkt- und Angebotspalette einer Destination einnehmen?

24-Stunden-Wanderungen in alpinen Destinationen werden in den Sommermonaten und bevorzugt bei Vollmond durchgeführt. Gewandert wird unabhängig von der Witterung, was bei Schlechtwetter mit zusätzlichen Herausforderungen verbunden ist. Die zurückgelegten Strecken bewegen sich zwischen 30 und 60 Kilometern und die bewältigten Anstiege zwischen 2000 und 5000 oder mehr Höhenmetern.

Was bewegt nun die Menschen, sich auf solche Unternehmungen einzulassen? Zu den Motiven, die beim einzelnen durchaus unterschiedlich gewichtet sein können, zählen: Das Bergerlebnis, u.a. verbunden mit der Mystik von Sternenhimmel, Sonnenaufgang und Sonnenuntergang, die Faszination des Neuen und Unbekannten, der Wunsch nach Selbsterfahrung und dem Ausloten der eigenen Grenzen, die Aktivität in der Gruppe – verbunden mit dem Willen, gemeinsam durchzuhalten und Ziele zu erreichen.

24-Stunden-Wanderungen sind somit ein Angebot, das die Bedürfnisse bestimmter Zielgruppen punktgenau trifft und auch entsprechend inszeniert wird: Beispielsweise mit dem gemeinsamen Abendessen oder Frühstück zu Beginn und am Ende der Tour, dem Erleben der Nacht am Berg unter freiem Himmel, der Stärkung bei Zwischenstationen wie Almen oder Berggasthöfen, dem feierlichen Empfang am Ziel, dem Zertifikat für die vollbrachte Leistung, etc.

Sicher ist es insgesamt eine relativ kleine Zielgruppe, die an solchen Touren teilnimmt, aber das gilt auch für andere Nischenprodukte, die gewissermaßen die Spitze des Eisbergs bilden und auf die gesamte Palette verwandter Produkte ausstrahlen. So wie andere Nischen können 24-Stunden-Wanderungen genutzt werden, um in spezifischer Form auf das Bergwandern aufmerksam zu machen und den ohnehin bestehenden Trend zum Wandern zu verstärken bzw. abzusichern.

24-Stunden-Wanderungen können in Anlehnung an spezifische Gästeinteressen weiterentwickelt werden, etwa durch Themenschwerpunkte wie Landschaftsimpressionen bei unterschiedlichen Lichtverhältnissen, Wahrnehmung und Erleben von Kraftplätzen, Treffen an Orten mit besonderer Historie im Rahmen von Sternwanderungen, Tagesrhythmus von Tieren und Pflanzen, Wasser, Geologie, Kulinarik in Verbindung mit der Konsumation regionaler Speisen im Tagesablauf, etc.

Aus 24-Stunden-Wanderungen werden sicher keine Massenveranstaltungen und sie werden sich auf einige wenige Anlässe pro Saison und Destination beschränken. Das schafft Aufmerksamkeit, macht sie zu etwas Besonderem und erlaubt interessierten Menschen ein intensives und emotional hochwertiges Bergerlebnis im Kreise Gleichgesinnter – mit einer nachhaltig positiven Wirkung für die Destination und das Bergwandern als zentralem alpinem Sommerangebot. Die Begeisterung derjenigen, die eine 24-Stunden-Wanderung erfolgreich absolviert haben, spricht jedenfalls für einen hohen Multiplikatoreffekt.

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