Wie man Schnee zu Kohle macht – der Erfolg in Destinationen
Die Erosion der Erträge durch außergewöhnliche Kostensteigerungen wurde in diesem Forum bereits zum Thema gemacht. Obwohl Betriebsgröße und Professionalität der Unternehmen langsam zunehmen, ist die Umsatzrentabilität rückläufig.
Die jüngst erschienene Destinationsstudie der ÖHV weist zusätzlich auf beträchtliche Unterschiede im wirtschaftlichen Ergebnis in den einzelnen Regionen hin. So variiert etwa der GOP/Zimmer, der bei Unternehmen der 4/5-Stern-Hotellerie im Österreich-Durchschnitt bei EUR 8.700,– liegt, je nach Region zwischen EUR 4.800 bis 18.000 pro Zimmer. Eindeutig die Nase vorn haben Regionen mit Schwerpunkt oder ausschließlich Betrieb in der Wintersaison. Die fünf besten Plätze belegen die Regionen Ischgl, Arlberg, Obertauern, Großarltal und Bregenzerwald. Schneesicherheit und eine kurze und gut gebuchte Saison mit hohen Preisen sind die Erfolgsgaranten.Die Schlußlichtplätze sind mangels Datendichte nicht eindeutig festzulegen. Aus den verfügbaren Daten sind jedoch die Regionen Tirol West, Donau NÖ, Alpenregion Bludenz, Montafon und Naturarena Kärnten abzulesen. Daraus wird ersichtlich, dass sommerlastige Regionen und solche mit beschränkter Schneesicherheit zu den Benachteiligten gehören.
Sowohl Destinationsstudie und –karte legen letztendlich einen anderen Maßstab an und beurteilen die Konkurrenzfähigkeit von Regionen an der Dynamik der Entwicklung in der Periode 2005 bis 2010. Trotzdem wird deutlich wie unterschiedlich unser touristisches Angebot ist und wie sehr Unternehmen und Destinationen gefordert sind, die höchst unterschiedlichen natürlichen Voraussetzungen der Regionen als wirtschaftliche Basis zu nutzen.
Franz Hartl kommt in seiner Analyse der Ergebnisse der ÖHV Studie 2012 zum Schluss, dass sommerlastige Destinationen sowie Destinationen mit beschränkter Schneesicherheit benachteiligt sind, wenn es um den wirtschaftlichen Erfolg im Tourismus geht. Das ist grundsätzlich richtig: Schnee und die dazu gehörenden touristischen Infrastrukturen sind zentrale Erfolgsfaktoren für alpine Tourismusorte.
Vor dem Hintergrund dieser These überraschen allerdings die divergierenden Positionen des Bregenzerwaldes und des Montafon beim GOP/Zimmer der 4/5-Stern-Hotellerie. Im österreichweiten Ranking liegt der Bregenzerwald nach Ischgl, Arlberg, Obertauern und Großarltal im Spitzenfeld, während das Montafon bei den Schlusslichtern zu finden ist.
Das Montafon hat mit 63 % Winternächtigungen mehr vom Winter als der Bregenzerwald (56 %) und ist auch nicht weniger schneesicher. Die schlechten Werte und die damit verbundene Position am Ende der Österreich-Skala sind von daher nur schwer verständlich. Mir geht es jetzt aber nicht darum, zu ergründen, warum das Montafon ganz hinten gereiht ist, vielmehr will ich einige Faktoren für die gute Performance des Bregenzerwaldes nennen bzw. der Betriebe, die zu diesem Erfolg maßgeblich beitragen.
Neben den qualitativ hochwertigen Betrieben im Hinterwald mit ausgesprochener Schneesportorientierung bestehen im vorderen und mittleren Teil des Bregenzer-waldes eine Reihe von Hotels im 4-Stern-Segment, die relativ unabhängig vom Schisport agieren und die meist Ganzjahresbetriebe sind. Ihre Preise halten sie das ganze Jahr über auf hohem Niveau. Das gelingt ihnen, weil sie höchste Qualität bieten (jedoch ohne unnötigen Schnörkel und vom Kunden nicht bezahlten Zierrat), perfekte Dienstleistungen erbringen, kulinarisch in der obersten Liga spielen und für den Gast ein Ambiente gestalten, das sich durch die individuelle Atmosphäre und die exzellente Symbiose von historischer Bausubstanz und moderner Architektur auszeichnet. Dazu kommt die klare Positionierung der Betriebe, teilweise mit Alleinstellungscharakter über die Grenzen der Destination hinaus.
Die Destination Bregenzerwald und ihre Betriebe sind zudem ein gutes Beispiel für die von Franz Hartl eingemahnte Nutzung der jeweils spezifischen natürlichen Voraussetzungen: Neben der intakten Natur- und Kulturlandschaft und den erstklassigen regionalen Produkten zählt hier auch das kulturelle Umfeld mit der Schubertiade und den Bregenzer Festspielen dazu. Und ein Stück weit spielt wohl auch das Glück des Tüchtigen mit, liegt doch der kaufkräftige Schweizer Markt unmittelbar vor der Haustüre.
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