2. März 2009 | 11:48 | Kategorie:
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Betriebliche Realität contra touristische Jubelmeldungen

Die aktuelle mediale Berichterstattung zur österreichischen Tourismusentwicklung 2009 erweckt den Anschein, die globale Wirtschaftskrise würde die heimischen Betriebe keineswegs betreffen. Falls doch, dann könnten diese aufgrund der Nähe zu den wichtigsten Kernmärkten sogar gestärkt und mit neuen Wettbewerbsvorteilen hervorgehen.

Diese bewusste oder unbewusste „Motivationsspritze“ erweckt den Anschein falscher Sicherheit, die letztendlich von den betrieblichen Leistungsträgern teuer mit Kreditausfällen bzw. Eigenkapital-Verbrennung bezahlt werden muss. In der betrieblichen Beratungs-Praxis der con.os tourismus.consulting gmbh stellen wir folgende, der medialen Wirklichkeit konträre Trends fest: die Stadthotellerie hat größtenteils durch Ausfall des Übersee-Geschäfts enorme Buchungslücken, die durch Nahmärkte nicht kompensiert werden können. Die Seminar- und Business-Hotellerie leidet unter teils stark reduzierter Geschäftsreise-Tätigkeit, massiven Stornos oder stark reduzierten Gruppengrößen. Dies gilt ebenfalls für die Bushotellerie. Im Top Segment kann sich die Ferienhotellerie noch behaupten, aber für das strukturgebende Mittelklasse-Segment im 3 und 4 Sternebereich zeichnet sich für die Buchungslage ab Mai 2009 ein vielfach ernüchterndes Bild ab, von dem sich nur einige wenige Destinationen positiv abkoppeln können. Zwar werden Buchungen generell immer kurzfristiger getätigt, die Zahl der Vorbuchungen liegt jedoch weit unter dem Vergleichsniveau des Vorjahres. Der großen Masse der Betriebe sollte angesichts sinkender Ausgabenbereitschaft der Feriengäste trotz gegenteiliger öffentlicher Aufforderungen durchaus „Preis-Signale“ setzen. Job-Angst, Kurzarbeit und Sparverhalten finden ihren Niederschlag im Buchungsverhalten. Ein „Notfallsplan“ könnte bereits folgende Aspekte enthalten bzw. abklären:

  • a) Konsequenzen einer verspäteten Betriebsöffnung/verfrühten Betriebsschließung 2009 zur „Rettung“ des Cash Flows
  • b) Klärung einer Schließung von Teilen der Kapazitäten/Angebote und deren wirtschaftliche Konsequenzen
  • c) Einführung eines monatlichen Finanzmittel-Budgets zur Klärung der Liquiditäten
  • d) Prüfung der Verschiebbarkeit/Ratierung von Vertragsverpflichtungen aus Marketing-/Finanzierungs-/Liefer-Verträgen
  • e) Straffung der eigenen Entnahme bzw. Entlohnungspolitik

Touristische Jubelmeldungen erzeugen Erwartungshaltungen, die bei Nichteintreten umso schwerere Folgen mit sich bringen. Erfolgsbeispiele aus dem Luxus-Segment der Ferienhotellerie verzerren den tatsächlichen Blick auf die bevorstehenden schwierigsten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, verstärkt durch eine real sehr wohl existierende Kreditklemme – entgegen aller anderslautenden Pressemeldungen der Banken.

Akzeptanz und Benennung der Wirtschaftskrise sowie die frühzeitige Einleitung adäquater Sicherungsmaßnahmen wäre produktiver als gefährliche Schönfärberei nach dem „Prinzip Hoffnung“.

2. März 2009, 11:56

Herzlich willkommen, Martin Schumacher! Wir freuen uns über diese kompetente Verstärkung und auf zahlreiche interessante Beiträge…

3. März 2009, 11:25

Nach dem überraschenden Erfolg der Saisonhotellerie und der bisher weitgehend guten Belegung in der laufenden Wintersaison wird erkenntlich, dass uns die Krise nicht nur streifen sondern in Teilbereichen auch treffen wird. Zur Schonung der Liquidität empfehle ich überdies rechtzeitig Kontakt mit den Kreditinstituten aufzunehmen. Durch eine Abänderung des Vertrages werden teure Überziehungszinsen vermieden und eine einvernehmlich und rechtzeitige Änderung spart enormen Stress auf beiden Seiten.

19. März 2009, 11:08

Danke für diesen guten Beitrag!

Auch wir sind der Meinung, dass es in nächster Zeit notwendig sein wird neben einer Optimierung der Öffnungszeiten und einem laufenden Controlling, alle Reserven IM Betrieb zu mobilisieren. Gemeint ist damit, dass Betriebe sich jetzt besonders anstrengen müssen – von der Gästebetreuung über Motivation und gezieltem Marketing bis zum gut überlegten Kostensparen. Vorsichtiger sollte man jedoch mit unüberlegten Preissignalen sein. Preisköder auslegen ja, aber keine generellen Preissenkungen. Wer die Preise um 10% senkt, muss die Bettenauslastung um rund 17% erhöhen (und wer traut sich das heuer zu?) um das gleiche Betriebsergebnis (in €) zu erreichen.

Dennoch, auch wir sehen die Notwendigkeit für Betriebe, einen „Notfallplan“ auszuarbeiten und alle Möglichkeiten zur Umsatzsteigerung und Kostensenkung anzudenken. Pro-aktives Zugehen könnte so manches „unerwartetes“ Unheil verhindern. Nur so kann ein Betrieb auch gestärkt aus der Krise gehen.

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