Gibt es eine Kreditklemme?
Es gibt kaum einen Aspekt der derzeit herrschenden Finanzkrise, der so leidenschaftlich und so widersprüchlich diskutiert wird wie die Frage der Kreditklemme. Glaubt man den Beteuerungen der Bankmanager, dann ist auf dem Finanzmärkten alles eitel Wonne: Kredite sind für jedermann zu erträglichen Kosten zu haben, auf dem Interbankenmarkt herrscht wieder reger Handel und das Vertrauen in die einzelnen Institute ist so ungetrübt wie eh und je.
Demgegenüber haben OeNB und EZB eine Studie veröffentlicht (vgl. Presse und Standard vom 7.2.09), die zeigt, dass vor allem die Firmenkredite nach deutlich verschärften Kriterien vergeben werden: Die Risikoaufschläge sind gestiegen, der Anspruch an Sicherheiten hat ebenso zugenommen wie einschränkende Zusatzvereinbarungen und Kreditnebenkosten.
Hat das Bankenhilfspaket denn nichts bewirkt? Wie kommt es zu so unterschiedlicher Sichtweise im Hinblick auf scheinbar so leicht überprüfbare Tatbestände?
Für die Lösung der Frage ist einmal festzuhalten, dass das Bankenhilfspaket nur zögerlich in Anspruch genommen wird, weil etwa von der Republik vereinnahmte Provisionen als zu hoch empfunden werden und damit den Preis für die Sicherheit unnötig verteuern, andererseits werden einschränkende Auflagen beim Partizipationskapital der Republik zusätzlich zu den vereinbarten Zinsen noch verhandelt, sodass die tatsächliche Umsetzung noch einige Zeit in Anspruch nehmen wird. Darüber hinaus legen Bankvorstände großen Wert auf die Behauptung flüssig zu sein und Kreditwünsche uneingeschränkt erfüllen zu können, weil aus einem Mangel an verfügbarem Kapital mangelndes Vertrauen in das Institut und das Nichteinhalten von Vertragsbedingungen – unter anderem KMUs zu finanzieren – abgeleitet werden könnte. Die praktische Überprüfung der Realität stößt in der Praxis auf eine weitere Schwierigkeit: Einerseits ist die Investitionsbereitschaft der Unternehmen tatsächlich deutlich zurückgegangen und kurzfristige Finanzierungen – mit einer Laufzeit von unter 12 Monaten – können meistens erfüllt werden. Andererseits sind langfristige Finanzierungen – vor allem mit einer Laufzeit von mehr als fünf Jahren und für Beträge jenseits einer Mio. Euro – sehr schwer oder kaum erhältlich und falls überhaupt werden sie mit so genannten Liquiditätsaufschlägen von mehr als 200 BP (oder 2 %) versehen, sodass sich gerade die im Tourismus notwendige langfristige Finanzierung von Investitionsvorhaben enorm verteuert. Demgegenüber ist jedoch das Zinsniveau auf einem historischen Tiefstand sodass die Zinsbelastung noch als erträglich anzusehen ist.
Aus dieser insgesamt mehr als widersprüchlichen Welt kann sich jeder nach Bedarf jene Argumente herausnehmen, die er für die Darstellung seiner „Wahrheit“ benötigt. Investitionswillige sind jedenfalls gut beraten dem Thema „Finanzierung“ eine vermehrte Aufmerksamkeit zukommen zu lassen, für eine gute Gesprächsbasis mit seiner Hausbank zu sorgen und natürlich auch jene Hilfen im Auge zu behalten (Haftungen des Bundes, Investitionsförderungen), die vorgesehen sind, um den Zugang zu Finanzmitteln zu erleichtern.
(Vergleiche dazu etwa www.oeht.at).
Zum Artikel von Dr. Hartl zwei aktuelle und interessante Beiträge:
http://www.gemeindebund.at/news.php?id=774&m=5&sm=15&PHPSESSID=f4738b535ea4ca12bff01b1e2fc8134f
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