Höhenflug dank Verstaatlichung?
Luftfahrt in Turbulenzen
Die Luftfahrtbranche steckt spätestens seit Ausbruch der Corona-Krise in ernsthaften Schwierigkeiten. Einreiseverbote, Quarantänebestimmungen oder einfach die Angst auf einer langen Flugreise mit dem Virus infiziert zu werden haben die Flugzeuge vielfach zum Dauer-Grounding gezwungen. Das hat den Fluglinien einen Einbruch der Einnahmen beschert. Dieser hat vielfach mehr als drei Viertel des Umsatzes eines Normalwirtschaftsjahres ausgemacht.
Bei einem Einnahmenrückgang dieses Ausmaßes hat es natürlich nicht lange gedauert bis staatliche Unterstützung eingefordert wurde, wie sie auch für andere Wirtschaftszweige vorgesehen war. Österreich ist dabei recht überlegt vorgegangen und hat für seine Zuwendungen auch Gegenleistungen zum Klimaschutz wie Mindestticketpreis und Verbot der Kurzstreckenflüge eingefordert. Dabei war die Staatshilfe von etwa 7 % der Ticketerlöse oder 150 Mio. Euro etwa im europäischen Mittelfeld. Da haben Länder wie Holland (41 %), Frankreich (36 %), Deutschland (20 %) tiefer in die Tasche gegriffen. Länder wie Spanien (5 %) oder Australien (3 %) haben sich hingegen als weniger spendabel erwiesen.
Das Rad der Zeit wird zurückgedreht
Mittlerweile ist es jedoch absehbar, dass es einige Fluglinien mit den bisher zugesagten und teilweise schon geflossenen Staatshilfen nicht schaffen werden. Aber anstelle des Einforderns harter Sanierungsmaßnahmen fällt man in scheinbar vergangene Lösungsmuster zurück. Staatskredite werden – wie am Beispiel Air France KLM – nicht zurückgezahlt, sondern vorerst in eine Hybridanleihe und dann in Eigenkapital umgewandelt. Damit soll die bilanzielle Verschuldung der Fluglinie reduziert und die Eigenkapitalbasis gestärkt werden. Das macht Frankreich dann zum größten Aktionär von Air France.
Damit folgt Frankreich dem schlechten Beispiel Italiens. Die schon seit Jahren zahlungsunfähige Alitatlie wurde gleich nach Ausbruch der Corona-Krise verstaatlicht und erfreut sich seither regelmäßiger Geldtransfers der öffentlichen Hand. Es lässt dann natürlich schon das Herz des europäischen Steuerzahlers höherschlagen. Er darf die mangelhafte finanzielle Gebarung des Staates Italien unterstützen , der diese Mittel wieder seiner sanierungsresistenten Fluglinie zukommen lässt. Auf diese Weise werden Steuermittel dafür eingesetzt, dass eine schon längst fällige Markbereinigung auf dem Flugsektor nicht erfolgt.
Europäische Union ist dem freien Markt verpflichtet
Es war einer der Gründungsgedanken der Europäischen Gemeinschaft den freien Markt und den freien Wettbewerb in der Union nicht zu behindern – ganz im Gegenteil, wo es zu Behinderungen und Beeinflussungen kommt – diese zu beseitigen.
Das hat den Sinn, dass es in Europa einheitliche Voraussetzungen für alle tätigen Unternehmen geben soll und nicht staatliche Interventionen und Beihilfen zu einer Wettbewerbsverzerrung führen. Dies hatte in der Vergangenheit auch für Österreich Auswirkungen. Schließlich waren die laufenden Verlustabdeckungen der VOEST oder der DDSG nicht mehr beihilferechtskonform und mussten eingestellt werden. Dadurch wurden die Unternehmen gezwungen entweder nachhaltig erfolgreich zu sein (VOEST) oder sie sind vom Markt verschwunden (DDSG).
Gesamteuropäisches Vorgehen gefragt
Eine Wiederbelebung des internationalen Tourismus wird es nur geben, wenn es auch noch Fluglinien gibt, sobald Passagiere wieder fliegen wollen. Der Großteil der Aktivitäten, die Europas Nationalstaaten gesetzt haben, um ihre Fluglinien am Leben zu erhalten, war wirtschaftlich notwendig und sinnvoll.
Gerade die anstehenden Verstaatlichungen und fortgesetzte Subventionierung nationaler Luftfahrtunternehmen zeigt allerdings, dass eine einheitliche europäische Vorgangsweise notwendig ist. Es ist nicht einzusehen, dass etwa eine Alitalia seit Jahren hoch subventioniert vom italienischen Staat und weitab von jeder Wirtschaftlichkeit den bisher ohne Staatszuschüsse auskommenden Fluglinien Konkurrenz macht. Gerade hier wäre also ein europäischer Gleichschritt vonnöten. Brüssel hat sich wenig mit Ruhm bekleckert, eine rasche Durchimpfung Europas zu realisieren. Da sollte es doch bei seiner ureigensten Kompetenz – dem Abbau von Subventionsungleichgewichten – erfolgreich sein.
Lieber Franz, messerscharf analysiert!
Da passt die ua Meldung von über dem Teich dazu. Dort geht hoffentlich bald die Reise hin auch wenn virale Rückschläge nicht auszuschließen sind und die Klimaschonung bald wieder ein Megathema sein wird…
Gruß by the way an Ulrike Reisner und die tp-blog Community.
Aus dem Morgen-NL der deutschen F.A.Z. vom 9.4.
„Amerikaner packen die Koffer“
United Airlines heuert wieder Piloten an, eine Billig-Fluglinie geht an die Börse, und die Amerikaner packen die Koffer: In der Branche reibt man sich verwundert die Augen – und hat wieder Grund für Optimismus.
Rasante Erholung: Nach Zahlen der Transportsicherheitsbehörde TSA sind in den vergangenen Wochen zeitweise wieder mehr als 1,5 Millionen Menschen am Tag in Amerika in ein Flugzeug gestiegen. Zum Vergleich: Im Vorjahr waren es am 4. April etwa 122.000, vor Corona waren es bisweilen mehr als 2,5 Millionen Menschen am Tag. Bemerkenswert ist, dass weiter kaum Geschäftsreisende in den Flieger steigen.
Großer Markt: Im Gegensatz zu Europa, wo strenge Reisebeschränkungen herrschen, macht sich in der amerikanischen Reisebranche Optimismus breit. Scott Kirby, der Vorstandschef der Fluglinie United Airlines, sagte kürzlich: „Es gibt Licht am Ende des Tunnels.“ Die Nachfrage nach Privatreisen innerhalb der Vereinigten Staaten habe sich schon fast vollständig von der Corona-Delle erholt. Die Billiglinie Frontier Airlines, die 2020 einen Verlust auswies, ging vor wenigen Tagen an die Börse. Und United Airlines will wieder 300 Piloten einstellen.
Geglückte Impfkampagne: Dass die Amerikaner wieder ihre Koffer packen, liegt vor allem an der schnell fortschreitenden Impfkampagne im Land. Vom 19. April an sollen alle Erwachsenen Zugang zu Impfstoff erhalten. Für Geimpfte ist das Reisen erheblich einfacher. Wer vollständig immunisiert ist, darf ohne Corona-Test oder Quarantäne frei innerhalb des Landes verreisen. Wer immunisiert ins Ausland reist, muss bei der Rückkehr weiter einen Test vorweisen, allerdings nicht mehr in Quarantäne.
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