Geschäftsreisen und die Pandemie
Der Travel Industry Club hat sich in seiner letzten Veranstaltung intensiv mit dem Thema der Geschäftsreisen befasst. Die präsentierten Daten stammen aus einer Umfrage unter deutschen Reisenden. Vieles davon wird wohl auch für Österreich Gültigkeit haben.
Geschäftsreisen unter dem Radar der Aufmerksamkeit
Erstaunlich ist ja, dass der Geschäftsreisemarkt etwas unter dem Radar der Wahrnehmung liegt. Er ist in Deutschland für 16 % der Reisen verantwortlich. Forschung und öffentliche Diskussion beschäftigen sich unter dem Einfluss von Reisebeschränkungen vor allem mit dem Ferientourismus. Dabei war auch der Geschäftsreisetourismus bisher keinen verordneten Beschränkungen unterworfen – wenn man von fehlenden Flugverbindungen und teilweise geschlossenen Hotels und Restaurants absieht.
Trotzdem ist der Geschäftsreiseverkehr auch in Deutschland fast zum Erliegen gekommen. Grund dafür waren stornierte Konferenzen und abgesagte Messen, aber auch die Angst der Reisenden, sich irgendwo eine Ansteckung zu holen.
Zoom-Meeting als Ersatz
Um die Kommunikation mit Geschäftspartnern aufrecht zu erhalten, hat man in erster Linie Zoom-Meetings gewählt oder Telefonkonferenzen abgehalten. Reisen wurden auch verschoben und werden wohl demnächst wieder nachgeholt. Nach Möglichkeit jedoch wird derzeit auf eine Übernachtung verzichtet, und man versucht – wenn es irgend möglich ist – noch am selben Tag wieder an seinen Wohnort zurückzukehren.
Das Reiseverhalten hat sich wie so vieles geändert. Wert gelegt wird in Zukunft auf ein überzeugendes Hygienekonzept, auf flexible Stornobedingungen und auf Sicherheitsmaßnahmen, die eine Ansteckung weitgehend verhindern sollen. Das führt auch dazu, dass kleine Hotels bevorzugt werden. Dort sieht man weniger Ansteckungsgefahr.
Dauerhafter Rückgang befürchtet
Hinsichtlich der Erwartungen für künftige Geschäftsreisen wird mehrheitlich davon ausgegangen, dass diese dauerhaft zurückgehen werden. Nur 10 % der Befragten erwarten eine Zunahme. 50 % nehmen an, es werde sich wieder auf einem früheren Niveau einpendeln. 40 % erwarten einen dauerhaften Rückgang. Es wird vielfach davon ausgegangen, dass die mittlerweile verbreiteten Online-Konferenzen und Nachhaltigkeitsüberlegungen, die eine Ausdünnung des Flugangebotes auf der Kurzstrecke bewirken werden, eine dauerhafte Reduktion nach sich ziehen werden.
Was wird als Grund angesehen, jedenfalls eine Geschäftsreise zu machen? Die persönliche Begegnung mit Kunden oder Geschäftspartnern wird immer noch als wichtigster Grund für die Reise angesehen. Dann folgt Kontaktpflege oder der Besuch von Messen oder Kongressen – wenn es denn solche wieder gibt.
Lieber Franz,
ich kann Deinen Artikel über Erhebungen des Travel Industry Club noch durch empirische Befunde, Gesprächen mit einigen Unternehmern und Geschäftsführern anreichern. Internationale Vorstandssitzungen werden fast nur mehr virtuell durchgeführt, man trifft sich vielleicht noch ein-/zwei Mal im Jahr persönlich. Die virtuellen Tools seien mittlerweile so raffiniert, dass keine Notwendigkeit mehr gäbe, zu reisen. Satzungen und Statuten von Vereinen, auch Konzernen wurden schon dementsprechend angepasst bzw. geändert, dass virtuelle Zusammenkünfte genauso wie persönliche gelten. Unternehmen haben in Ihren CSR (Corporate Social Responsibilities) Richtlinien Öko-Bilanzen aufgenommen. Es wird transparent gemacht, was durch gewisse Maßnahmen, wie u.a. Reduktion der Geschäftsreisen an C02-Ausstoss eingespart wird. Ganz nebenbei gesagt, verursachen virtuelle Meetings auch C02-Emissionen. Die Manager scheinen sich auch mit der verminderten Reisetätigkeit anzufreunden: Zeitersparnis, keine Wartezeiten und keine Flugverspätungen mehr, Kostenersparnis – Hotels, Restaurants, Taxis und sonstiges. Und der ökologische Beitrag, das Umweltbewusstsein im Unternehmen/in der Organisation entspricht dem Wandel der Zeit. Ein CEO sagte mir jüngst, er könne sich heute nicht mehr vorstellen, nur wegen eines 2-Stunden-Meetings nach Hongkong zu fliegen. Dies würde auch im Unternehmen nicht mehr akzeptiert werden. So schnell geht eine Verhaltensänderung.
Messe- und Kongressreisen sind eine weitere Dimension. Solange covid-19-bedingt in der EU und transkontinental die Grenzen gesperrt bzw. jeder Staat tun kann, was er will, wird sich kaum viel Mobilität abspielen. Hybride Meetings sind Fakt. Die persönliche Präsenz wird sicher in nächster Zeit durch digitale Teilhabe substituiert. Und mittlerweile beherrschen wir alle die Tools, vom Schüler über den Unternehmer bis zum Wissenschafter. Zukunftsoffene Entwicklungen bahnen sich an.
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