Quo vadis, Tourismusorganisationen?
Was kann herauskommen, wenn sich Tourismusmanager im Rahmen eines Kongresses einer Diskussion über ihre Zukunft stellen sollen? Darf man erwarten, dass sie offen und ungeschminkt ihre Positionen vor Publikum und Medien darlegen? Oder ist damit zu rechnen, dass sie einen sicheren Standpunkt vorziehen und sich auf kein Risiko einlassen? Die Auftaktdiskussion beim heurigen ÖHV-Hotelierkongress wurde nicht zuletzt vor dem Hintergrund der (auch hier im tp-blog ausgetragenen) Debatte um die Österreich Werbung mit Spannung erwartet. Die renommierte tourist austria legte zeitnah in ihrer aktuellen Ausgabe noch eines nach: sie nimmt einerseits die Kammerbeiträge der Wirtschaftskammer unter die Lupe; andererseits bringt sie mit einem im tai-Verlag erschienenen Buch von Karl Seitlinger („Die Gästebuhler – wie Österreichs Tourismusorganisationen ticken) die Stimme einer Branchengröße (Seitlinger war jahrelang Direktor von Wien Tourismus) ins Spiel…Man muss Karl Seitlinger konzedieren, dass er sich beim ÖHV Kongress kein Blatt vor den Mund nahm. Er kritisierte den fehlenden Plan einer gemeinsamen Internationalisierungsstrategie von Bund und Ländern und regte beispielsweise eine Rundumerneuerung des Marketing-Beirats der Österreich Werbung an. Die nachfolgende Podiumsdiskussion bliebt hingegen teilweise unter den Erwartungen, was aber weniger am fehlenden „Mut“ der Gäste als am roten Faden der Diskussionsleitung lag. Denn hier tappte Ronald Barazon (was ihm aber nicht vorzuwerfen ist) in die berühmt-berüchtigte Falle, die Strukturdiskussion mit einer Markendiskussion zu vermengen. Was bekanntlich wenig zielführend ist, weil hier die Interessen und Zwänge der Tourismusorganisationen auf den verschiedenen Ebenen zu vielschichtig sind. Für Petra Stolba beispielsweise bot sich dadurch die (sicher nicht unwillkommene Gelegenheit), sich auf „sicheres Terrain“ zu retten – über das Urlaubsland Österreich und seine Vorzüge lässt es sich auch leichter reden als über die Zukunft der Österreich Werbung. Der Fairness halber muss aber angemerkt werden, dass es auch nicht im Belieben von Frau Stolba steht, darüber zu entscheiden. Norbert Kettner (Wien Tourismus) und Josef Margreiter (Tirol Werbung) konnten hingegen durchaus mit einem kritischen Blick für die Probleme und Defizite des Gesamtsystems überzeugen. Die Statements von Gernot Paesold (Zillertal Tourismus) und Oliver Schwarz (Ötztal Tourismus) liessen klar erkennen, dass sich professionell geführte Destinationen eben diese Professionalität auf Länder- und Bundesebene erwarten und – durch ihre größere Nähe zu Anbieter und Gästen – die negativen Auswirkungen von Strukturdiskussionen sehr rasch zu spüren bekommen. Fazit? Structure follows strategy – und nicht umgekehrt. Wahrscheinlich werden wir noch lange auf die „strategy“ warten müssen, wenn wir uns mit langwierigen und politisch motivierten Strukturdiskussionen aufhalten. Oder es holt uns die normative Kraft des Faktischen ein. Wenn wir auf den Märkten verlieren, werden wir den vielen Worten rasch Taten folgen lassen müssen.
Liebe Ulli, kann diesmal leider selber nicht dabei sein, umso mehr freue ich mich über die „digitalen Medien“ und dass/wie du sie einsetzt.
Dein Fazit teile ich bedingt, Prof. Hilb von der HSG St. Gallen hat mich „ge-brainwashed“ (überzeugt) und seither finde ich auf regionaler aber auch nationaler Ebene immer wieder Beweise für seine Theorie: Structure follows people.
Politisch oder persönlich motivierte Diskussionen, technische Entwicklungen, uva… das DMOs eine Neupositionierung brauchen scheint wohl unumgänglich.
Liebe Ulli, hervorragend auf den Punkt gebracht!!
Grossen Destinationen ist in erster Linie nur wichtig, dass sie professionelle Rahmenbedingungen auf ihren Kern-und Zukunftsmärkten vorfinden, dass effiziente, aufeinander abgestimmte Strukturen vorherrschen, dass qualifiziertes Personal vor Ort in den Märkten tätig ist und dass gemeinwirtschaftliche Themen, wie Marke, Imagewerbung, Marktforschung, etc. von den NTO´s und LTO´s übernommen wird! Grundvoraussetzung dafür ist, dass die Organisationen nicht für politische Zwecke missbraucht werden, denn das führt – wie die derzeitige Diskussion zeigt – dazu, dass man sich zum überwiegenden Teil mit sich selbst und seinem Umfeld beschäftigt, anstatt mit dem einzig wichtigen – mit dem Markt und somit mit den potentiellen und zukünftigen Kunden/Gästen! In diesem Sinne wünsche ich mir nochmals mehr Tourismus und weniger Tourismuspolitik!
Was liebe Ulrike ist an der TAI renommiert? Das Blatt erinnert derzeit mehr an die „Prawda“ (Deutsch: Wahrheit) der Sowjetischen KPDSU. Dort war es auch erlaubt, Behauptungen und Erfindungen als Wahrheit zu verkaufen. Journalistisch keine große Klasse. Einzig die Kolumne von Günther Greul ist lesenswert. Ansonsten sucht man journalistisches Niveau derzeit mit der Lupo (… äh Lupe). Hoffentlich wird das wieder besser. Und was heißt zeitnah zum ÖHV Kongress. Die TAI ist das Organ der ÖHV und des BZÖ. Was ist da überraschend? Alles leicht zu durchschauen…
Lieber Herr Ribing,
es freut uns, dass Sie zumindest die Kolumne von Günther Greul als lesenswert empfinden. Wir wünschen Ihnen viel Spaß dabei, ganz besonders in der Ausgabe, die am 21. Jänner, erscheint.
Искренне ваш
lieber herr ribing,
ich weiss jetzt nicht ganz genau ob sie ihren beitrag ernst nehmen, oder doch schon ein faschingsmail geschrieben haben.
der vergleich mit der kpdsu ist unglaublich lustig. ist doch die kammer darum bemüht, ihren pflichtmitgliedern nicht die nötigen informationen zu geben. welche einnahmen die wko von den „Pflichtpartei“mitgliedern lukriert. und was sie mit diesen beiträgen so macht. die aussage von wko vizepräsidenten – es ginge uns nichts an – ist, wäre es nicht so traurig, für den kabarettpreis zu nominieren. in diesem sinne. lei lei – genosse ribing
Ich muss Rainer Ribing absolut zustimmen: Die Kolumne von Günther Greul ist auch diesmal wieder lesenswert: http://www.tai.at/index.php/de/blogs/durchgeblickt
Gutes FAZIT von Greul:
„Der Eindruck, dass die Kammer ihre Eigeninteressen vor jene ihrer Mitglieder stellt, ist für eine Interessenvertretung keine Empfehlung. Daher sollte schnell etwas geschehen, bevor er zur nachhaltigen Rufschädigung wird.“
Ich habe überhaupt kein Problem mit dem Fazit von Greul. So ein Eindruck wäre und ist tatsächlich keine Empfehlung für eine Interessenvertretung. Dass einige Leute bewusst diesen Eindruck geschürt haben und für ihre eigene PR ausschlachten, ist ja wohl auch kein falscher Eindruck.
Aber ok, ja, es stimmt, gut kommt die Kammer nicht weg mit dieser Ausstieg-Säbelrasseln Variante! Keine kommunikative Meisterleistung.
Wünsche mir sehnlichst Rückkehr zu Sachlichkeit „sine ira et studio“. Medienschelte bringt erfahrungsgemäß gar nix. Hahnenkämpfe detto. In Wahrheit wissen die meisten Insider ganz genau was zu tun wäre, um die knappen Mittel effizienter einzusetzen. Zitat Ribing: steigen wir alle vom Gas…
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