12. Januar 2011 | 03:50 | Kategorie:
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ÖW und die Debatte

Also ganz ehrlich. (warum ich das voranstelle? weil ich es so meine!) Es ist selbstverständlich legitim von Michaela Reitterer diese Fragen zu stellen, die sie stellt. Ein Austritt der WKO aus der ÖW ohne Darstellung des Planes, der dahinter steht, ist ganz klar zu hinterfragen. Und ich möchte Michaela auch ein Kompliment aussprechen, dass sie dieses Thema auch – abgesehen von rhetorischen Spitzen wie einer AWO Lupe– so konstruktiv, nämlich mit Fragen, in den Raum stellt. Der TP Blog ist tatsächlich derzeit der einzige Raum einer Debatte, die notwendigerweise zu führen ist. Letztlich müssen wir über Ziele und Pläne im Tourismusmarketing reden, über das, was uns verbindet und über das, was uns in der Meinung trennt. Und dann aber den gemeinsamen Nenner gemeinsam – bei aller Berücksichtigung von Regionalität – auch umsetzen. Aussteigen der WKO allein ist kein Plan. Da braucht es mehr Information. Stimmt!

Das einzig wirklich österreichische an der Diskussion bis dato ist, dass wir uns Dinge an den Kopf werfen, die reflexartig sind und jeder Vorwurf auch eine entsprechende Reaktion hervor ruft. Und genau hier machen wir den selben Fehler wie auch politische Diskussionen zu anderen Themen verlaufen (Schulsystem in Österreich?!). Ja, wir haben in Österreich verlernt, miteinander zu reden. Schauen wir uns die Debatten in den TV Formaten an. Ausreden lassen? Meinungen aufnehmen? Meistens Fehlanzeige, oder? Wir schalten nach 20 Minuten um, weil es unerträglich ist, wie sich alle ins Wort fallen und gecoachte Plattitüden von sich geben.

In den letzten Tagen sind so viele Reaktionen zur ÖW auf mich eingeprasselt. Von Zustimmung über den geplanten Ausstieg „endlich passiert etwas, damit etwas passiert“ (im Übrigen, die Kammer ist noch nicht ausgestiegen) bis hin zu absoluter Ablehnung. Und tatsächlich. Wenn man ein bisschen zuhört und die Debatte wirklich ernsthaft zulässt, dann kommt man sehr rasch auch zu einer Gesprächsbasis, wo jeder etwas mitnehmen kann. Ich bin selbst in einer Unternehmerfamilie groß geworden und kenne die Höhen und Tiefen des Unternehmertums. Warum ich in der Kammer gelandet bin? Das ist eine andere Geschichte. Aber ich bin nun Teil dieser Firma und – aus Überzeugung!

Zurück zur Debatte. Dafür braucht es Zeit und Raum. Zeit haben wir (leider) nicht mehr und den Raum geben wir uns (noch) nicht. Wer von uns verspürt nicht den Drang, einmal unter 4 Augen dem politischen Entscheidungsträger (in Ruhe) die Sache darzulegen. Einmal die Dinge darzulegen. Einmal wirklich den Raum zu haben, etwas darzustellen, damit die richtigen Entscheidungen getroffen werden…Die Reaktion auf Nichtanhören ist Aggression oder irgendwann dann auch Frustration.

Wir müssen uns endlich davon verabschieden, dass das politische System nur über (medialen) Druck von Aussendungen zu steuern ist. Das ist eindimensional (und da nehme ich uns nicht aus!)

Und jetzt frage ich mich, was beim kommenden ÖHV Kongress passieren wird. Nein, ich glaube es zu wissen. Kommen wird die Kammerkeule. „Was passiert mit unseren Pflichtmitgliedsbeiträgen in der Kammer?“ Seit einigen Tagen bekommen wir laufend Anrufe der ÖHV, was die Tourismusbetriebe in die Wirtschaftskammer einzahlen. Nur soviel. Die Kammer gibt verhältnismäßig viel für Tourismus aus im Bezug zu den Einnahmen. Und im Vergleich zu anderen „Pflichtabgaben“ ist der Kammerbeitrag gering.

Eingeladen wird beim ÖHV Kongress aber kein Kammervertreter zur Diskussion. Nur keine Bühne für das „Feindbild“. Sorry, aber das ist auch kein konstruktiver Weg. Andererseits, es wird seine Wirkung erzeugen. „Freie Unternehmer in einem unfreien System“ funktioniert. Böse Politik, böse Kammer, böse Banken. Das geht rein. Keine Frage. Wie hat es die ÖHV angekündigt: „Für Wirbel am ÖHV Kongress ist gesorgt!“ Raum für Debatte? Zuhören? Schauen wir mal. Michaela Reitterer (ÖHV Chefin in Wien) ist hier ein Beispiel, dass es auch anders geht. Ist so. Ist es jetzt eine Überheblichkeit, dass ich sie als Blog Autorin vorgeschlagen habe? Egal, ich sage es jetzt. Weil es wichtig ist, im TP Blog den Raum zu schaffen, den ich auf der anderen Seite einfordere.

Natürlich kann ich es nachvollziehen, dass die ÖHV für sich und nicht für die „anderen“ Stimmung machen wird. Und die Forderung nach mehr Geld für Tourismusmarketing ist ja auch ok. Nur warum müssen wir uns dabei so anpatzen?

Also was ist uns (als Kammer) wichtig? Wir haben die gerade eben über das market Institut die Mitgliedsbetriebe gefragt (sample 1.190 Betriebe aus Hotellerie und Gastronomie). 78 Prozent wollen, dass die ÖW auch im Inland präsent ist und die überwiegende Mehrheit will, dass Österreich (als Urlaubsland) mit Fokussierung auf die Kernmärkte auch global aktiv ist. Und drittens geht es darum, dass die Angebotsentwicklung gefördert wird. Wir müssen nicht nur verkaufen, sondern auch das richtige Produkt dafür haben. Dass dabei die Wirtschaftskammer mit über 100 Auslandsrepräsentationen einen Beitrag liefern kann ist kein Angriff auf die ÖW. Heißt: Nur dort, wo die ÖW NICHT aktiv ist. Und das auch nur bedarfsorientiert. Aber Image für Österreich muss global sein. Internationalisierung ist und war eine Forderung –auch der ÖHV. Für die Industrie ist die AWO erfolgreich unterwegs. Über 50 Prozent der Wertschöpfung der österreichischen Wirtschaft wird über Exporte erwirtschaftet. Tourismus inklusive. Wir sind ein kleines Land und leben von den ausländischen Gästen. Überschuss in der Reiseverkehrsbilanz über 6 Mrd. Euro.

Und was Inland betrifft, selbstverständlich mit und nicht gegen die LTOs. Die LTO Direktoren machen einen guten Job.

Also warum nicht gemeinsam mit genügend Raum für individuelle Angebote. Es kann ja nicht so sein, dass wir den Gast auf den Griller legen und alle heißhungrig ihn auf seinen Bundesländer-Teller legen wollen. Genug Gäste für alle, das sollte das Ziel sein.

Also gut. Dieser Beitrag ist kein Abschluss der Debatte, sondern eben ein Beitrag. Wie viele andere auch. Ja, ich habe viele gescheite Sachen gehört in den letzten Tagen. Es gibt wirklich super Typen im Tourismus, die wissen, was wir tatsächlich brauchen und was uns weiter bringt. Das war die weiterbringendste Erfahrung der letzten Tage.

12. Januar 2011, 11:46

Die Diskussion um die Zukunft der Österreich Werbung wird uns alle dann weiter belasten, wenn wir uns (wie wir dies periodisch in den letzten Jahren getan) in kosmetischer Korrektur und Besitzstand-wahrenden Lippenbekenntnissen üben anstatt uns mit Mut und Elan an die Aufarbeitung der Kernfragen zu wagen. Wollen wir die Frage der Neustrukturierung des österreichischen Tourismusmarketing tatsächlich über die Frage der Mittelaufbringung und -verwendung lösen? Dann sehe ich persönlich schwarz für eine zukunftsweisende, fortschrittliche Lösung.
Wenn die Österreich Werbung, wie übrigens die LTOs auch, neben dem Marketing auch verschiedene tourismuspolitische Aufgaben zu erfüllen hat, dann werden wir mit einem noch so engagiert angelegten „Bestellerprinzip“ (wer zahlt schafft an!) am Ziel vorbeischießen. Denn wenn wir Tourismuspolitik – im positiven Sinne – als Lenkung und Steuerung verstehen wollen, muss es gerade wegen des in Österreich stark ausgeprägten föderalistischen Prinzips zu einer adäquaten Einbindung aller relevanten Akteure in das Gesamtsystem kommen. Dies allerdings auf die Frage der Mittelaufbringung zu reduzieren, halte ich – bei allem Respekt vor der normativen Kraft des Faktischen – für zu kurz gegriffen.

12. Januar 2011, 22:17

Die ÖW ist offenbar ein Thema, das vielen Menschen die von und mit dem Tourismus leben, wichtig ist. Alles was deren Funktionieren beeinträchtigt, macht daher begreiflicherweise Sorge.

Wenn man versucht ohne Emotionen einige Fragen zu klären, kommt man vermutlich schon ein Stück weiter:
– Auf welchen Märkten soll die ÖW tätig werden und wo die LTOs und die Destinationen?
– Wie kann eine Teilung der Agenden aussehen, wenn die ÖW auch Inlandswerbung macht und die LTOs auch das nahe Ausland beackern?
– Was ist das tatsächliche Ziel der WKO mit ihrem überraschenden Vorstoß? Tatsächliche Scheidung oder nur Schuß vor dem Bug?
– Wie kann die Werbewirksamkeit erhöht werden, wenn auch alle anderen Spieler (insbesondere auch die Unternehmen) ihre Werbeanstrengungen steigern?
– Und zu guter Letzt? Wie lange wird es wohl noch dauern, bis die Turbulenzen wieder beseitigt sind und alle Partner wieder an einem Strang (und zwar in dieselbe Richtung) ziehen?

13. Januar 2011, 10:14

Die eigentliche Kernfrage der ganzen Diskussion betrifft wohl eher die gesamte Organisationsstruktur im österreichischen Tourismus: ÖW, LTO, Destinationen, örtliche TVBs sowie Gemeinden, darüber hinaus noch Angebotsgruppen, Betriebskooperationen usw. – so lautet die Reihenfolge der Pyramide, welche letztlich noch immer ohne klare Abstimmung aufeinander in weiten Teilen das selbe tun: werben!

Wer wirbt auf welchen Märkten, macht es überhaupt Sinn, daß die ÖW neben LTO und starken Regionsmarken auch noch zusätzlich im Inland wirbt, wer ist für Produkt- und Angebotsentwicklung zuständig, was die Grundlage für Vermarktung darstellt – viele Fragen, die im Sinne effizienten Mitteleinsatzes durchaus, unter Integration aller relevanten Beteiligten, mal gestellt und diskutiert werden müssen. Wichtig dabei aber auch der letztliche Wille zur Veränderung, denn wenn sich jeder, zur Verteidigung seines angestammten Terrains, wieder nur auf seine Einzelposition zurückzieht, frei nach dem Motto: „Veränderung? Gerne, aber nur bei den anderen…“ kann und wird das (einmal mehr) nur vergeudete Zeit und heisse Luft produzieren.

Auch in Kärnten wird, im Rahmen des neu geplanten Tourismusgesetzes, über die Aufgabenteilung sowie damit verbundene Mittelflüsse diskutiert – und so manche Wortmeldungen dazu lassen eher massive Beharrungstendenzen oder gar Rückschritte denn marktorientierte Organisationsentwicklung befürchten , welche vor allem auch im Sinne jener Betriebe sein muss, die Nutznießer all dieser Aktivitäten sein sollen…

13. Januar 2011, 11:18

Auf die Gefahr hin sogar in diesem Fachkreis missverstanden zu werden und bei aller grundsätzlichen Zustimmung zu ihrer Vorgangsweise im Großen und Ganzen: Die Bedeutung der ÖW wird in Österreich überschätzt. Ihr klugen Tourismusköpfe: Helft und lastt Betriebe und Regionen das Angebot erarbeiten. Hier sind Innovation, Reform und damit „Neuses“ gefragt. Das ist und bleibt die wichtigste Grundlage für einen erfolgreichen „Tourismus“. Beiträge und Förderungen sollten in erster Linie dafür verwendet werden. Vertrieb und Verkauf sind selbstverständlich sehr wichtig, aber eben nachgeordnet.

14. Januar 2011, 19:28

Na ja, zur Frage wer da aller überschätzt wird, fallen mir schon noch so manche ein, die sich halt operativ nie im Obligo befinden. Und in Zeiten weltweiten Wettbewerbs würde ich den Faktor Kommunikation (Hauptkompetenz der ÖW) nicht so einfach zur Seite schieben. Missverständnis hin oder her.

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