Thermen-Prestige
Im Schatten der Budgetpräsentationen für das kommende Jahr sind Politiker an positiver Publicity interessiert – gilt es doch, gegen die mit Sparpaketen und unpopulären Kürzungen im Sozial- und Familienbereich verbundenen Negativschlagzeilen anzukämpfen. So geschehen kürzlich auch im Burgenland, das zwar touristisch gesehen immer noch in den Kinderschuhen steckt, dafür aber eine beeindruckende Dichte an Thermen aufzuweisen hat.Genau an diese Thermen knüpfen sich die wirtschafts- und tourismuspolitischen Hoffnungen der Burgenländischen Landesregierung. Und zu genau diesen Thermen gab es in den letzten Wochen ein mediales Stakkato an „Good News“. So präsentierte SPÖ-Landeshauptmann Hans Niessl eine Studie, die (es wundert kaum) den Thermen eine Zugpferdfunktion im burgenländischen Tourismus attestiert. So ließ sich die Politprominenz bei der „Baustellenparty“ in Bad Tatzmannsdorf ablichten (hier werden mehr als 16 Mio. Euro in die Therme und das Hotel Avita investiert). So warten wir gespannt, ob die Therme Lutzmannsburg noch vor Weihnachten für kolporierte 40 Millionen Euro über die Immorent an die irische Harte-Holding geht. Und so freuen wir uns, zusammen mit dem Landeshauptmann, dass das jüngste Thermenprojekt, die St. Martins Therme & Lodge, mit mehr als 260.000 Besuchern nach dem ersten Betriebsjahr zufrieden sein darf. Niessl verkündete kürzlich nach einer Strategieklausur, dass – nachdem der Thermenmarkt nunmehr gesättigt sei – man im Burgenland in den Ausbau der Anlagen investieren müsse, um die Marktanteile zu halten. Was die Politik im Burgenland seit Jahren aber wohlweislich verschweigt, ist
- dass dieses Tourismussegment mit Millionen und Abermillionen an öffentlichen Steuermitteln mühsam hochgezogen werden musste;
- dass neben den direkten Förderungen auch erhebliche Mittel in Form von indirekten Förderungen (Erschließungen, Nachlässe bei Gebühren und Abgaben, begleitende Infrastruktur etc.) geflossen sind, die in keiner der Wertschöpfungsstudien aufscheinen;
- dass auf Grund der Dichte an Thermen, nicht nur in Österreich sondern auch in den benachbarten Ländern, heute ein harter Verdrängungswettbewerb herrscht, der sich auf Auslastung und Preise schlägt.
Es wäre im Sinne einer möglichst umfassenden Zusammenschau der Tatsachen wünschenswert, auch diese Aspekte des burgenländischen Thermentourismus in die öffentliche Diskussion einzubringen. Doch ist dies natürlich bei weitem nicht so prestigefördernd…
Der Aufschwung des Tourismus im Burgenland fußt zu einem wesentlichen Teil auf die Entwicklungen im Gesundheits- und Thermenbereich. Die Projekte kamen nicht von selbst sondern wurden mit beträchtlichem öffentlichen Mitteleinsatz verwirklicht. In der Folge hat das Burgenland sogar die Rote Laterne im Hinblick auf das Brutto-Regionalprodukt (an Kärnten) abgeben können. Diese durchwegs positiven Aspekte wurden jedoch bislang nie wirklich dahingehend hinterfragt, ob der beträchtliche Einsatz öffentlicher Mittel (Bund, Land und EU) im Lichte der tatsächlichen volkswirtschaftlichen Vorteile gerechtfertigt ist. Letztendlich geht es ja nicht darum möglichst prestigeträchtige „Landeshauptmann-Projekte“ zu verwirklichen sondern die Fördergelder möglichst zum Nutzen der Volkswirtschaft einzusetzen.
„Morgengabe“, die Erste: die WIBAG veräußert die Sonnentherme Lutzmannburg-Frankenau an ein Konsortium zwischen Immorent (neue Eigentümerin) und der irischen Harte-Holding (neue Betreiberin als Leasingnehmerin); dennoch wurden seitens der WIBAG noch Investitionen in Höhe von € 22 Mio. beschlossen und bereits zur Förderung eingereicht. Mehr dazu auf der Website der WIBAG:
dazu noch ein kleines beispiel aus kärnten, das zeigt, dass man hierzulande nicht nur mit seeliegenschaften sorgsam umgeht:
http://kaernten.orf.at/stories/483438/
besonders lieb ist der bürgermeister, der damit „rechnet“, dass 60.000 besucher p.a. eine investition von 5,5 mio rechtfertigen (gibt es eigentlich keinen pisa test für politiker?)
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