22. November 2010 | 10:59 | Kategorie:
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Alle Jahre wieder…

…im November gibt es einen Grundsatz-Artikel zur Zukunft des Winter-/Skitourismus in Österreich. Ein solcher findet sich aktuell im Trend. „Leise kriselt der Schnee“ (so der verheißungsvolle Titel) streift die Thematik allerdings sehr großzügig. Kenner der Szene werden bei der einen oder anderen, ziemlich platt in den Raum geworfenen Aussage den Kopf schütteln. Doch einige der Grundaussagen sind durchaus richtig und daher wert, in einer breiteren Öffentlichkeit diskutiert zu werden.Zu diesen Grundaussagen zählen:

  • Der klassische Skitourismus hat ein Nachwuchsproblem.
  • Der klassische Skitourismus hat ein Preis-Durchsetzungsproblem.
  • Der klassische Skitourismus hat ein klimabedingtes, technisches Problem.
  • Der klassische Skitourismus hat ein ressourcenbedingtes Ausbauproblem.

Diese Erkenntnisse sind im Grunde ebenso richtig, wie sie nicht neu sind. Was uns aktuell aber zu denken geben sollte, ist

  • dass die Umsätze bei den Nebenausgaben (d.h. in der Gastronomie, im Sportartikelhandel etc.) teilweise drastisch zurückgehen.
  • dass immer weniger Top-Ski-Destinationen in Österreich den „Karren“ ziehen, während mittlere und kleinere Skigebiete zunehmend schlechtere Zahlen schreiben.
  • dass in den Top-Ski-Destinationen oft ein bis zwei Handvoll Leitbetriebe das Rad am Laufen halten, der Rest muss mitgezogen werden.

Und – ernsthaft gesprochen – wirtschaftlich haben wir in Österreich derzeit (noch) keine Alternative zum klassischen Skitourismus. Die daraus resultierende Wertschöpfung fangen wir weder mit Schneeschuhwandern, noch mit Thermenbaden, noch mit Sightseeing auf (vgl. dazu das Ansinnen der ÖW, das „Wintererlebnis“ mit eben solchen Ingredienzien werblich in den Vordergrund zu stellen).

22. November 2010, 19:50

Also ich kann bei dem Trend-Artikel eigentlich nicht den Kopf schütteln. Warum mussten Sie Ihrigen denn schütteln? Welche konkreten Argumente haben Sie darzulegen?

23. November 2010, 14:11

Lieber „Skifahrer2010“,

gerne konkretisiere ich meine Kritik an der „einen oder anderen, ziemlich platt in den Raum geworfenen Aussage“:

– „Skier Days“ bezeichnen die Eintritte eines Gastes in ein Skigebiet und sind aus diesem Grund nicht, wie im Artikel behauptet, mit Kartenverkäufen gleichzusetzen. Besser ist es in diesem Zusammenhang, die Kassenumsätze anzusehen, die in der vergangenen Wintersaison leicht rückläufig waren. Dies jedoch als Resultat einer auf Grund von Schneemangel sehr schleppenden Vorsaison, was zu einer Verringerung der Betriebstage führte. Daher kann ich auch

– die Aussage „trotz weißer Pracht“ nicht nachvollziehen. Wir hatten in zahlreichen Skigebieten 2009/2010 mit Schneeproblemen zu kämpfen. Legt man die Kassenumsätze auf die tatsächlichen Betriebstage um, konnte das Ergebnis der österreichischen Seilbahnen in der vergangenen Wintersaison noch einmal gesteigert werden. Ebenso sieht die Relation zwischen Kassenumsätzen und Skiers Days aus. Wenn wir schon mit statistischen Daten operieren, dann bitte im Zusammenhang. Eine Zahl isoliert in den Raum zu stellen bringt uns in der Diskussion nicht weiter.

Zum Gesamtbericht hier der Link:

http://www.seilbahnen.at/presse/wirtschaftsdaten/files/berichtsblaetter_tm_winter_0910_stand_07_09_2010.pdf

– Nicht nachvollziehen kann ich persönlich auch die Aussage, wonach die Schweiz außerhalb Europas mehr mit Skifahren assoziiert wird als Österreich. Dies ist allerdings im Artikel auch nicht erklärt.

– Zudem steht die eine oder andere Aussage unvollständig im Raum. So ist die Forderung nach mehr Kinder- und Jugendskikursen berechtigt. Was der Artikel allerdings nicht erwähnt ist, dass dieses Thema sowohl im Österreichischen Tourismuskonzept 2010 als auch im Innsbrucker Manifest für den Alpentourismus (Sept. 2010) explizit Berücksichtigung findet. Insofern hat das jahrelange Ringen der Tourismus- und Seilbahnwirtschaft um dieses Thema politisch gefruchtet. Es wird allerdings noch viel Arbeit sein, diese Nachwuchsarbeit auch noch umzusetzen.

23. November 2010, 14:25

Österreichs Wintertourismus schreibt seit Jahren eine Erfolgsgeschichte. Diese positive Entwicklung verdanken wir natürlich zu einem großen Teil den Wintersportlern, ist doch Österreich beim Wintersporturlaub mit großem Abstand Marktführer in Europa. Immer mehr Gäste kommen allerdings auch, um Ferien im Schnee abseits der Pisten – Stichwort sanfter Winter; Wellness City Trips mit Kultur – zu verbringen.

Skifahren bleibt zwar die Kernaktivität vieler Gäste – und ist daher auch zentrales Element unserer verschiedenen Winter-Kampagnen in den Herkunftsmärkten. Zusatzangebote wie Wellness, sanfte Bewegung in der Natur und natürlich die Kulinarik gewinnen aber immer mehr an Bedeutung. Der Trend geht dabei eindeutig vom Skiurlaub zum Winterurlaub (mehr dazu auch in den neuen „Trends on tour“ unserer Tourismusforschung: http://to.austria.info/trendsontour20103). Daher sind die österreichischen Touristiker gefordert, diesen neuen wachsenden Bedürfnissen unserer Gäste auch mit entsprechenden Angeboten zu begegnen – und die ÖW, diese Angebote auch entsprechend zu kommunizieren.

23. November 2010, 17:34

Bei der Diskussion der Bedeutung des Winter-/Skitourismus in Österreich kommen die Wintersportwochen an Schulen meist auch zur Sprache. Vielfach wird ihre Entwicklung dabei stark verkürzt dargestellt; anstelle einer umfassenden Wiedergabe an dieser Stelle erlaube ich mir, auf einen Beitrag in „Ski&Board, Nr. 46, S. 4“ hinzuweisen:

http://www.schuleaufdiepiste.at/fileadmin/user_upload/Downloads/SKI_BOARD_46_web.pdf

Dieser Beitrag fasst die Ergebnisse einer Studie von Kondeor (im Auftrag des BMWFJ) sehr gut zusammen. Neben einer Darstellung der Entwicklung der Wintersportwochen wird darin auch ausführlich auf Ursachen und mögliche Lösungsansätze eingegangen; wiewohl aus dem Jahr 2009 besitzen m.M.n. viele der angesprochenen Punkte nach wie vor Gültigkeit.

26. November 2010, 14:39

Dem Artikel ist leider unschwer anzumerken, dass er mit einer fast vorsätzlichen negativen Einstellung verfasst wurde. Es ist in der heimischen Saisonhotellerie sicher nicht alles Gold, was glänzt. Aber es ist doch notwendig das eine oder andere zurechtzurücken: Im Vergleich mit anderen Wintersportregionen des Alpenraumes schneidet Österreich durchwegs als Sieger ab. Eine jüngst veröffentlichte Umfrage über Ski-Destinationen reiht zwei österreichische Resorts (Schladming und Lech-Zürs) auf Platz 1 und 2 und Serfaus-Fiss-Ladis auf Platz 5.

Bei für die Skifahrer wichtigen Kriterien Skigebietsgröße, Schneesicherheit und Sicherheit auf der Piste werden ständig große Anstrengungen unternommen um vorne dabei zu sein. Auch die nach wie vor intakte Investitionsbereitschaft der Hotellerie zeigt sich um ein gutes Angebot bemüht.

So wie bei vielen Dingen liegt die Wahrheit natürlich mehr in der Mitte. Trotzdem muß uns bewußt sein, dass der Wintertourismus in Zahl der NÄchtigungen und Umsatzvolumen die gewichtige Saison ist und alles unternommen werden muss um allfällige Bedrohungen dieser Stellung klein zu halten.

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