Stellvertreterkrieg
((C) Kärnten Werbung)
Im südlichsten österreichischen Bundesland schwelt ein Streit rund um die Frage, ob der Slogan „Urlaub bei Freunden“ durch Neues ersetzt werden kann und darf. Die Argumente dafür und dagegen sind zahlreich – und durchaus politischer Natur…Die Hintergründe seien hier kurz erklärt: Christian Kresse, Chef der Kärnten Werbung, steuert einen Markenprozess für Kärnten an, um das Land touristisch neu zu positionieren. Unterstützt wird er dabei von ÖVP-Landesrat Josef Martinz, der in der Landesregierung für die Agenden des Tourismus verantwortlich zeichnet. Stein des Anstosses ist eine in Auftrag gegebene, umfangreiche Marktforschungsstudie, die unter anderem ans Licht brachte, was viele wissen, aber nicht hören wollen: der Gast findet „die Kärntner“, die ihm während seines Urlaubs begegnen, gar nicht so freundlich. Wie unpassend, dass man dann mit „Urlaub bei Freunden“ wirbt!
In der fachlichen Auseinandersetzung reicht die Skala der Argumente von „fahrlässig, einen seit Jahren bewährten und auf den Märkten eingeführten Slogan fallen zu lassen“ bis „unumgänglich, im Land Kärnten den längst fälligen Markenbildungsprozess einzuleiten“. Diese Diskussion ist wichtig, aber an dieser Stelle nicht in meinem Fokus.
Politisch wird immer öfter der Vorwurf laut, die Kärnten Werbung sei in den letzten Jahren als Präsentationsbühne für Politiker und deren Prestigeprojekte missbraucht worden. Eine Altlast, um die man Christian Kresse nicht beneiden muss – egal, wie man zu dieser Sache steht. Ich wage nun zu behaupten, dass es sich bei diesem Streit um einen Stellvertreterkrieg handelt, wo es um alte Pfründe, Geld und letztlich um politische Einflussnahme geht.
Beobachter der Szene wissen, dass die noch vor wenigen Jahren herrschende Goldgräberstimmung im Kärntner Tourismus vorbei ist. Trauriges Resultat: geblieben ist wenig, außer einem Haufen Schulden. Unter Landeshauptmann Jörg Haider hat das Land am Wörthersee aufgerüstet und Millionen in Infrastrukturprojekte, Hotels und Freizeiteinrichtungen investiert. Den Weg hat die öffentliche Hand gebahnt, mit Infrastrukturen, Erschließungen, politischem Good Will und viel, viel Geld. Im Dunstkreis der damals noch mächtigen Kärntner Landesholding wurde touristisches Monopoly gespielt, im Inland wie im Ausland. Die Tatsache, dass die Landesholding Mehrheitsaktionär der Hypo Alpe Adria war, besiegelte gleichzeitig ihr Schicksal. Der Rest ist bekannt, wurde Monate in den Medien breit getreten und füllt zwischenzeitlich hunderte Aktenordner bei Wirtschaftspolizei und Staatsanwaltschaft.
Zurück zum Start heißt es nun. Retten, was noch zu retten ist. Ob der Slogan „Urlaub bei Freunden“ dazu gehört, werden die Verantwortlichen entscheiden. Es wäre aber fair, das politische Sperrfeuer einzustellen, um eine klare Sicht auf das Notwendige und eine Entscheidung über das Sinnvolle zu ermöglichen.
Durchaus interessant, was da in Kärnten los ist. Diese Diskussion um den Slogan ist eben nur – wie richtig erklärt – die Spitze des Eisbergs. Unter der Oberfläche schwelen zig andere Feuer, die demnächst wohl ausbrechen werden. Es bleibt zu hoffen, dass einige Destinationen diesem aufkommenden Sturm standhalten können.
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