Markenprozesse – lohnt sich der ganze Aufwand?
Die Bedeutung von Destinationsmarken ist unbestritten. Eine ihrer wesentlichen Aufgaben ist es, die Destination gegenüber ihren Mitbewerbern unterscheidbar zu machen. Selbstredend gehört dazu mehr als nur ein schönes Logo. Parallel zur Professionalisierung des Destinationsmanagements in den vergangenen zehn bis fünfzehn Jahren hat daher auch das Markenmanagement an Bedeutung gewonnen und es wurden auf Landes- und Destinationsebene zahlreiche Markenprozesse initiiert.
Betrachtet man die Ergebnisse dieser Prozesse so fällt auf, dass selbst in Gebieten, die sich sowohl in ihrem Selbstbild als auch in ihrem Fremdbild deutlich voneinander unterscheiden, gleiche oder sehr ähnliche Markenwerte angeführt werden, auch wenn dafür mitunter andere Begriffe Verwendung finden. Das gilt etwa für Tirol und das Ötztal auf der einen sowie Vorarlberg und den Bregenzerwald auf der anderen Seite. Auf beiden Seiten sind Begriffe zu finden, die Echtheit, Engagement, Innovation, Genuss, Professionalität, Vernetzung u.ä.m. beinhalten.
Den oberflächlichen Betrachter könnte das zur Frage verleiten, wozu denn die ganze Übung gut ist, wenn im Grunde doch vergleichbare Ergebnisse herauskommen. Die nähere Betrachtung macht dann aber rasch klar, dass diese Werte für die einzelne Destination in ihrer jeweils spezifischen und individuellen Art zu interpretieren und zu erläutern sind. Und da treten dann doch einige Unterschiede zwischen den Tirolern und Vorarlbergern sowie den Ötztalern und Bregenzerwäldern zu Tage: Unterschiede, die beide Seiten auf ihre Weise sympathisch und erfolgreich machen und ihnen ein hohes Maß an Authentizität verleihen. Darüber hinaus gibt es aber auch ganz klare Differenzierungen, die aus der Selbsteinschätzung heraus kommen und die beispielsweise im Ötztal im Attribut sportlich und im Bregenzerwald im Attribut kulturell ihren Ausdruck finden. (Wobei in beiden Destinationen – und persönlich vielfach erlebt – das eine das andere nicht ausschließt).
Das zeigt uns zum einen, dass Markenwerte in hohem Maße vom Zeitgeist und den gesellschaftlichen Strömungen mit beeinflusst werden. Auch die Erfahrungen mit den Gästen und der Blick auf den Markt spielen eine Rolle: Denn welche Destination siedelt derzeit ihre Wunschzielgruppen nicht im rechten oberen Quadranten der Sinus-Milieus an? Das bestätigt uns aber auch eindrucksvoll, dass Markenprozesse einen Sinn machen. Die daran Beteiligten sind angehalten, Werte und Inhalte ihrer Marke nicht nur zu benennen, sondern auch zu sagen, was diese Werte für sie bzw. für ihre Destination bedeuten und warum das so ist.
Markenprozesse ermöglichen somit ungemein wichtige Lernprozesse und sie sind mit einem großen Erkenntniswert für die Akteure in der Destination verbunden. Daraus resultiert ein hohes Verständnis für sowie ein hohes Maß an Identifikation mit der Marke und damit auch eine hohe Bereitschaft, die Werte und Inhalte der Marke im eigenen Tun zu berücksichtigen, sei es in der Produkt- und Angebotsentwicklung, in der der Gestaltung der Atmosphäre des eigenen Betriebes oder auch – und das ist von essentieller Bedeutung – in der täglichen Kommunikation innerhalb und außerhalb der Destination.
Kommentieren