Alpine Seilschaften gesucht
„The Alps“ – so nennt sich eine neue Verkaufs- und Lobbyingveranstaltung, die im September Touristiker des Alpenraumes in Innsbruck zusammenbringt. Es treffen sich Vertreter führender Tour Operators und Onlinevermarkter, um sich mit Touristikern über Produktinnovationen auszutauschen. Es werden namhafte Experten über Trends im Alpentourismus sprechen. Und es werden politische Vertreter aus Südtirol, dem Trentino, aus Bayern und Liechtenstein, aus den Kantonen Graubünden und Wallis sowie den österreichischen Bundesländern Kärnten, Oberösterreich, Salzburg, Vorarlberg und Tirol ein gemeinsames Manifest verabschieden.Das Ansinnen, eine touristische Seilschaft quer über den Alpenbogen zu etablieren, ist zugegebener Maßen nicht neu, doch ist jede Initiative, die in diese Richtung geht, überlebensnotwendig. Denn die Alpen brauchen mit Sicherheit Innovation! Der einzigartige Erfolg und Aufstieg des Wintertourismus hat in vielen Regionen Infrastrukturen und Angebote auf hohem Niveau ermöglicht – aber auch Arbeitsplätze geschaffen und Einkommen gesichert. Das ist in Tirol nicht anders als in Graubünden oder in Südtirol. Gemeinsam ist aber auch die Erkenntnis, dass das Erfolgsrezept des Winters nicht auf den Sommer und schon gar nicht auf ein „Ganzjahresprodukt Alpen“ umzulegen ist. Die Pionier- und Entwicklungsleistung der Seilbahnen ist im Winter unbestritten – im Sommer wird die Branche (bei allem Engagement, wie es beispielsweise die Sommerbahnen beweisen) den notwendigen Produkt-Relaunch nicht alleine stemmen können. Insofern darf man gespannt sein, was die Politik am 13. September in Innsbruck dazu zu sagen hat. Und was die Alpen dem Dauerbrenner „sun & beach“ entgegensetzen!
Da kann doch der Gedankenaustausch weiterhelfen. Sind wir in Österreich nach wie vor im Winter vergleichsweise gut unterwegs, klappt es im Sommer oder im Herbst nicht so gut wie etwa im benachbarten Südtirol. Nur das freundlichere Klima erklärt den Vorsprung nicht, da sind noch Ideen und Initiativen und vor allem Unternehmer gefordert, die nicht schon Ende August wieder die Rollbalken runterlassen.
Das Thema „Innovationen im Tourismus“ beschäftigt uns selbstverständlich auch in der Österreich Werbung. Bei den kostenlosen ÖWork_Shops von 20.-22. September in Igls, Salzburg und Wien geben zahlreiche Fachleute und die ÖW-MarktexpertInnen Tipps und Inputs.
http://www.austriatourism.com/workshop
Manifeste, die auf derartigen Veranstaltungen verfasst werden, sind selten mehr als zahnlose Tiger mit entsprechend mauen Forderungen. Über Lippenbekenntnisse bezüglich Kooperation sind die Alpenregionen noch nie hinausgekommen, zumindest sind mir keine vorzeigbaren Beispiele bekannt. Ich fürchte, der Leidensdruck ist noch nicht groß genug, als dass die Verantwortlichen wirklich einen konstruktiven und innovativen Weg einschlagen, der in einer Seilschaft mündet, die auf einen tatsächlich sanften, qualitätsvollen sowie nachhaltigen Tourismus abzielt. Noch eine kleine Anmerkung zum Schluss: Pfiffiger als „Alpen“ klingt „The Alps“ auch nicht.
Was ist Innovation? Welche Wege führen zu Innovation? Und wie unterstützt die Österreich Werbung die österreichische Tourismusbranche dabei? Mit diesen Fragen beschäftigt sich unter anderem auch unser Tourismus-Know-How-Blog: http://blog.austriatourism.com/tag/innovation/
Die Kommentare zum Beitrag von Ulrike Reisner regen zu einigen Überlegungen an und sie bestätigen vor allem die Erkenntnis, dass die Initiative „The Alps“ ihre Berechtigung hat. Angesichts des Innovationsdrucks, der im alpinen Tourismus, etwa auch im Hinblick auf den allseits geforderten Ganzjahrestourismus herrscht, kann und muss noch mehr diskutiert, versucht, riskiert und vermarktet werden. Bleibt daher zu hoffen, dass „The Alps“ trotz aller Verkaufsorientierung ihrem Anspruch gerecht werden, als Plattform für innovatives Denken im alpinen Tourismus zu fungieren.
Allerdings zeigen gerade die Alpen, dass die Übertragbarkeit von Erfolgsgeschichten ihre Grenzen hat. Die von Franz Hartl angesprochenen günstigen klimatischen Bedingungen in Südtirol, verbunden mit Sonnenschein, submediterraner Vegetation sowie rechhaltigem Wein- und Obstbau sind eben – auch den Südtirolern bewusste – Wettbewerbsvorteile, denen die Nord- und Zentralalpen nichts Gleichwertiges entgegenzusetzen haben. Das demonstrieren auch die regionalen Unterschiede in Südtirol selbst: Dort, wo aufgrund der Höhenlage der Wein den Schipisten Platz macht, sieht auch in Südtirol die Welt anders aus.
Die Herausforderungen sind jedenfalls groß. Irgendwie ist es nachvollziehbar, dass es den alpinen Destinationen schwer fällt, die Erfolge des Winters auf den Sommer zu übertragen – auch wenn daran schon lange gebastelt wird. Schließlich haben es die europäischen Mittelmeerländer auch noch nicht geschafft, eine Alternative zu Meer zu erfinden, um die Gästebetten im Winter zu füllen.
Wer die Auslastungs- und Umsatzzahlen der alpinen Regionen kennt, weiß, dass vielerorts auf einen ertragstarken Winter (derzeit noch) nicht verzichtet werden kann. Das stellt uns im alpinen Tourismus vor eine doppelte Herausforderung:
a) wie halten wir das alpine Winterprodukt attraktiv, sichern unseren Wettbewerbsvorsprung und damit unser Wohlstandsniveau?
b) wie bringen wir neue Gäste in die Alpen, 365 Tage im Jahr?
Es gibt – nicht nur in Österreich – einige Vorreiter, die sowohl a) als auch b) innovativ und professionell leben. Aber es sind derzeit noch viel zu wenige…
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