Eine Tafel in Kärnten
Wer in Kärnten dem Radfahren frönt, der kann im Laufe der Zeit höchst Unterschiedliches erleben. Da gibt es gut beschilderte und landschaftlich schön geführte Radwege, wie etwa den Drautal- oder Gailtalradweg. Daneben finden sich aber wahrlich unverständliche Einrichtungen wie etwa der Rosental-Radweg, der im Ort Mallenitzen ganz einfach mit dem Hinweis endet „Rosentalweg – derzeitiges Ende“. Der Gast wird dann mit seinem Improvisationstalent allein gelassen. Da bietet sich die Möglichkeit an entweder die stark befahrene Rosental-Bundesstraße zu benutzen, frustriert umzukehren und zurück zum Faaker See zu kurbeln oder – nachdem die nahe Karawanken-Autobahn auch nicht wirklich eine Alternative ist – sich auf sein Glück zu verlassen und eine kleine Strasse und in der Folge einen Forstweg zu benutzen, um zur Drau und dem dortigen Radweg zu gelangen.
Soviel kaltschnäuzige Wurstigkeit von den Tourismusverantwortlichen wird nur mehr vom Radweg, der rund um den Wörthersee führt, übertroffen. Auch da wird dem radelnden Gast mit Hilfe eines geschützten und teilweise schön geführten Radweges Sicherheit und ein ausgereiftes touristisches Produkt suggeriert. Dies erweist sich jedoch bald als Mogelpackung, weil man bei Saag auf die Bundesstraße abgeleitet wird. Dann dürfen Familien mit Kindern einmal Überlebenstraining auf stark befahrenen Straßen absolvieren und sich gegenüber hupenden Autofahrern, Lastwagen und auf dem schmalen Gehsteig entgegenkommenden anderen frustrierten Radlern behaupten.
Dabei wäre auch in diesem Fall ein geschützter Radweg in der Realität vorhanden. Es hat nur niemand die Mühe auf sich genommen, sich um die Benutzungsrechte zu kümmern. Da ist es doch allemal schöner eine Seebühne zu eröffnen, ein sündteures Stadion zu errichten, das man nach der EM kaum mehr benötigt oder Millionenbeträge in die Erneuerung einer Therme zu stecken ungeachtet dessen ob damit das Landesbudget endgültig an die Wand gefahren wird oder nicht.
Ich bin mittlerweile – auch beruflich für deutsche TV Sender und eine DVD Reihe bei Bikeline – viele tausend Kilometer Radwege gefahren. (siehe http://www.ich-fahr-rad.de)In D und in A. Solche Probleme entdeckt man immer wieder. Das beste ist noch, das ganze als Work-in-progress zu sehen und zu hoffen, dass aus einem kleinen Anfang ein guter Radweg wird. Andererseits: auch die großen, erfolgreichen Radwege haben hässliche Stellen. Wer die Donau fährt, wird vor Linz einfach nur den Kopf schütteln – wenigstens auf einer Seite ein begleitender Radweg. Aber der begleitet eine mehrspurige Autostrasse. Und stundenlang am Donauufer fahren und auf Industriebauten zu gucken ist auch nur bedingt schön. Dennoch finde ich solche Abschnitte gar nicht so schlecht – sie sorgen dafür, dass man die schönen Teile der Tour erst schätzen kann. Kurz: immer nur Schokokuchen ist auch nicht das Richtige. Es nutzt sich ab… Wer allerdings Nachhilfe in Familienfreundlichen Radwegen braucht (und das scheint nach Ihrem Text so zu sein) der sollte sich mal die Nordseeküste ansehen. Bei meiner Recherchereise hatte ich das Gefühl, der Begriff ist dort erfunden worden. Eventplätze für Kinder, direkt an den Radwegen, mindestens auf einer Seite ein begleitender Radweg. Mindestens Ortsnamen und Kilometerangaben speziell für Radfahrer. Da kann man sich eine Scheibe abschneiden für den heimischen Tourismus. Und das sage ich als gebürtiger Österreicher und begeisterter Fahrer von durchaus auch anstrengenden Radwegen die oft schlecht und uneinheitlich beschildert sind, weil sie einem Thema untergeordnet sind und sich aus vielen Radwegen und Verbindungen zusammen stückeln. (Beispielsweise der deutsche deutsche Radweg, entlang der ehemaligen Ost-West Grenze) Aber solche Wege sind nicht die klassischen Touristenwege. Und was man dort verzeiht und sogar erwartet ist rund um einen touristisch voll erschlossenen See ein Ding der Unmöglichkeit. Insofern auch: danke für die engagierte Wortmeldung für den Rad-Tourismus.
Beurteilung von Radwegen
Herr Dr. Hartl trifft mit seiner Kritik an der Streckenführung der beiden genannten Radwege einen Punkt, der „repräsentativ“ für das Feedback zu vielen Radrouten ist: Ein zu hoher Straßenanteil (inkl. notwendiger Querungen) zeigt sich bei offen gestellten Fragen nach der Zufriedenheit der Radler als Störfaktor Nr. 1. Gerade aus touristischer Sicht interessant ist auch, dass die Zufriedenheit mit der Streckenführung einer der wichtigsten Einflussfaktoren auf die Weiterempfehlung eines Radweges ist.
P.S.: Auf http://www.facebook.com/radrouten gibt es eine umfassende Sammlung von Radwegen und MTB-Routen (unter „Diskussionen“ nach [Bundes-]Ländern geordnet) – auch Feedback zu einzelnen Strecken nehmen wir hier gerne entgegen (auf der „Pinnwand“).
Ich kann Dr. Hartl in diesem Fall nur zustimmen und der Meinung von Herrn Spanik nichts abgewinnen. Ein Radweg sollte dazu da sein, um die Landschaft zu geniesen und vor allem sich auch sicher fortbewegen zu können. Um dies festzustellen muß ich dann nicht auf eine stark befahrene Bundesstraße.
Nur ein Vorschlag – vielleicht sollten sich die Touristiker der Region Wörthersee das ausgeschilderte MTB-Netz im Gebiet Nockberge, Eisenkappel, Wolfsberg, Weissensee, Hermagor…einmal anschauen.
Ich würde sie sogar führen, gegen Honorar verseht sich.
Damit kein Mißverständnis aufkommt: ich bin auf jeden Fall für sichere Radwege – möglichst abseits der großen Straßen. Ich bin nur der festen Überzeugung und habe die Erfahrung gemacht, dass ein „nur schöner“ Radweg (außer 20 km Rundwege auf kleiner Fläche)praktisch nicht machbar ist. Aber auch nicht nötig: den Genuß heißt eben, etwas auch als Besonderheit zu empfinden. Wenn man auf 100 Kilometern Strecke nur perfekte Landschaft sehen würde, würde man das schnell zum Standard erheben und hätte den Blick dafür nicht mehr geschärft. Wie gesagt: kleine Rundwege explizit ausgenommen – da geht das leichter. Vielleicht kann man so beschrieben meiner Äußerung zum Thema doch etwas abgewinnen.
Tja, eigentlich kann ich nur sagen, dass ein Radweg abseits von viel befahrenen Straßen auf jeden Fall vorzuziehen ist. Nur leider manchmal einfach nicht machbar, gerade wenn ein Gebiet sehr erschlossen ist. Aber schlecht beschildern muss man ihn deswegen nicht. Auch ich hab mich oft schon gewundert (allerdings nicht nur beim Radeln, auch beim Wandern!) dass ich da ankam, wo ich hinwollte. Ob ich allerdings hässliche Abschnitte brauche um die landschaftlich schönen auch so zu empfinden, sei dahingestellt. Denn wenn man Wege öfter fährt, entdeckt man immer wieder Neues und da braucht man mit Sicherheit kein „Abenteuer Straße“ dazwischen. Und gerade wenn man mit Kindern unterwegs ist möchte man doch nicht jedesmal einen Adrenalinschub bekommen, wenn man wieder mal durch einen dieser Abschnitte muss. Für solche „Erlebnisse“ ist keiner dankbar und touristisch förderlich ist das mit Sicherheit auch nicht.
Dass Radwege abseits von viel befahrenen Straßen vorzuziehen sind, ist ein touristischer Trugschluss. Gerade, wenn es um den Wörthersee geht, wollen die Gäste hier nicht abseits fahren. Zu Illustrationszwecken empfehle ich die Ortsdurchfahrten von Pörtschach und Velden. Beide verfügen über eine relativ sichere Radwegroute, aber alle Radfahrer bevorzugen die Hauptstraße durch das Zentrum. In der Radwegplanung sind solche Prozesse mitzudenken, da hat man ja jetzt schon genug Erfahrung. Dort gibt es auch noch einige andere Beispiele, die aus Erfahrung bekannt sind. Es gibt hier Teilstücke, die sind stärker „benutzt“ als die Hauptstraße zu manchen Zeiten z. B. Vor/Nachsaison, wochenends etc. Ich schreibe bewusst „benutzt“, weil wirklich nur wenige Teilstücke geeignet sind, die Massen aufzunehmen, die am Wörhersee radeln. An vielen Stellen teilen sich viele Radfahrer hier den Weg mit Autos von Anrainern, am Radweg parkenden Strandbadbenützern, Spaziergängern, Skatern usw. Das besagte Teilstück in Saag empfinde ich noch ob der Breite der Straße als nicht so störend im Verhältnis zum aus meiner Sicht weit gefährlicherem Südufer.
Ich glaube gerade die Komplexität einer Radwegplanung ist oft des Pudels Kern. Es wird entweder die einfachste Variante gewählt oder ein „Mini-Ersatz-Radweg“ errichtet, wo einfach kein Radweg möglich ist. Hier fehlt der Mut, zu sagen, dass es nicht überall einen Radweg geben kann! Und was mir noch viel unverständlicher erscheint, ist die Tatsache der Pflege und Wartung von Radwegen. Da werden mit Millionen Radwege errichet und feierlich eröffnet und 1 Jahr später fühlt sich keiner mehr zuständig, wenn es um Markierungen, hineinwachsende Büsche, Splitt auf dem Weg oder gar Löcher im Asphalt geht. Wenn ich durch Kärnten radel und sehe wie viele Radler Cafe trinken und Eis essen gehen, Mittagessen und jausnen und in den örtlichen Geschäften einkaufen und z.B. bei den Drauradweg Wirten nächtigen, dann frage ich mich immer wieder, warum erkennt hier keiner das Potential????
Meine empfohlene Radroute für Anfänger führt nicht dem Südufer des Wörthersees entlang sondern – Krumpendorf – Ostufer – Viktrink – Keutschacher Seen-Tal – Schiefling – Velden – dem bereits besprochenen Saag – Pörtschach wieder nach Krumpendorf. Bei dieser Strecke liegt das unlustige Teilstück wohl bei Saag.
Diese Strecke hätte – bei möglicher unterschiedlicher Streckenführung – den Vorteil interessante und für Wörthersee-Gäste auch durchaus neue Landschaften erkunden zu können. Darüber hinaus sind – von Beschilderung abgesehen – keinerlei Investitionen mehr notwendig, weil bei rund 50 km Strecke nur mehr 1,5 km anders geführt werden müßten. Allerdings irgendwer muß die Mühe auf sich nehmen sich darum zu kümmern, und gerade für diese kleinen Mühen fehlt oft der Anreiz. Schließlich kann man ja nicht mit Pomp und Trara 1,5 km Radweg eröffnen.
Lieber Herr Hartl, das wäre ja auch die korrekte Route. Aber die Gäste wählen trotzdem sehr zahlreich das Südufer des Wörthersees. Sie haben Recht, man müsste mehr mobilisieren für tolle Landschaftserlebnisse, den die gibt es im Keutschacher Seental auch.
Ad Saag gibt es auch eine Wendung. Hier wird ab September gebaut. Der Gemeinde greift das Land großzügig unter die Arme, die wollte bis dato anscheindend nicht mit zahlen. Schließlich hat sie ja nichts vom Radtourismus?!? Die andere Variante wäre wohl vorhanden, ist aber ein Privatweg, mit vielen Eigentümern und diese wollen sich der Haftungsdebatte nicht stellen. Diese Frage wäre ihre größte Angst so hört man. Nun ja, das Problem soll es wohl ab Frühling 2011 nicht mehr geben. Kommt Zeit, kommt Radweg.
Kommentieren