Lückenlose Kontrolle?
Belgien, so war heute morgen zu lesen, will die Kontrolle aller Reisenden verschärfen. Ähnlich wie im Flugverkehr müssten demnach künftig auch Bahnreisende einen Ausweis zücken, bevor sie ein Ticket kaufen können. Derart einmal registriert, können die Behörden nachverfolgen, wer sich wann, wie und wohin bewegt. Schöne neue Reisewelt.
Kontrolle aus gegebenem Anlass
Die Anlassgesetzgebung hat seit den Terroranschlägen in Europa auch die Sicherheitspolitik erreicht. Im Extremfall wird der Notstand ausgerufen und immer wieder verlängert. Im etwas weniger extremen Fall wird lückenlos kontrolliert. Ab 2020 wird die EU all jene Reisenden aus Drittstaaten erfassen, die ohne Visum in die EU einreisen dürfen: Mit ETIAS, so hofft der Kommissionspräsident, weiß er dann endlich, wer so aller über die Grenze kommt. Terroristen inklusive, die müssen sich dann ja auch ausweisen.
Für das Gros der Reisenden bedeuten diese Maßnahmen einen gewaltigen Einschnitt in ihre persönliche (Reise)freiheit. Das für viele Reizvolle am Reisen, das Spontane, Ungebundene, weicht dem Geplanten, Transparenten, Kontrollierten. Zwar ist bereits belegt, dass bereits erfolgte Anschläge rein theoretisch auch hätten verhindert (oder frühzeitig erkannt) werden können, hätte man die Kapazitäten und Ressourcen, um all das Datenmaterial, das ohnehin schon gesammelt wird, auswerten können. Aber das funktioniert (noch) nicht ganz so gut, wie die Wiener Zeitung kürzlich sehr gut beschrieben hat: Der Mensch verhält sich nicht typisch genug, um bei atypischem Verhalten gleich auf böse Absichten schließen zu können. Mit anderen Worten gesagt: Nur weil sich einer in einer Bahnhofshalle mehrfach umsieht und einen Koffer abstellt, muss nicht gleich das Sondereinsatzkommando anrücken. Unser Menschenverstand sagt uns das. Der Algorithmus weiß das (noch) nicht. Aber wahrscheinlich ist ihm das noch beizubringen.
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